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COVID-19: Tracing-App verspätet und womöglich wirkungslos

3 min
Aktualisiert von Tobias W. Kaiser
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IN KÜRZE

  • Die Entwicklung der geplanten Tracing-App der Bundesregierung verzögert sich.
  • Um aussagekräftige Daten zu sammeln zu können, müssen sich mindestens 60% der Bevölkerung bei der App registrieren.
  • Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut räumt gravierende Fehler in der Kommunikation ein.
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Die Bundesregierung arbeitet fieberhaft an der Entwicklung einer Tracing-App zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Die technische Umsetzung gestaltet sich jedoch schwierig.
Die seit Ostern sehnlichst erwartete Corona-App lässt weiter auf sich warten. Das hat auch damit zu tun, dass so viele Institutionen an Entwicklung und Umsetzung beteiligt sind: Google, Apple, Deutsche Telekom, Robert-Koch-Institut, SAP, die Gesundheitsämter, PwC Deutschland, das Forschungszentrum Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut und natürlich die Bundesregierung. Keine zentrale Datenspeicherung für Datenspende-App in Deutschland Unter dem Druck der Öffentlichkeit war die Bundesregierung bereits gezwungen, ihr ursprüngliches „zentrales“ Konzept aufzugeben. Nun wird eine „dezentrale“ Datenspeicherung geplant. Dabei sollen alle relevanten Informationen zum Tracing ausschließlich auf den Smartphones und nicht auf einem zentralen Server gespeichert werden.

Technologieriesen leisten Vorarbeit

Apple und Google erwägen, diesen Mechanismus später fest in ihre Betriebssysteme zu integrieren. Dann müssten Nutzer in Zukunft keine spezielle App mehr herunterladen, sondern könnten die Funktionen einfach in ihren Smartphones aktivieren. Voraussetzung ist dabei immer die Zustimmung der User. Bei Apple-Smartphones sind die deutschen Entwickler der Corona-App auf die Kooperation mit dem Hersteller angewiesen, da auf dem iPhone keine ständigen Bluetooth-Zugriffe möglich sind, wenn die App nur im Hintergrund läuft. Im Prinzip machen Apple und Google den Großteil der Vorarbeit für Tracing-Apps. Die Apps sollen helfen, Ansteckungswege nachzuverfolgen, wenn die Ausgehbeschränkungen gelockert werden. Sie sollen erfassen, welche Smartphones einander nahegekommen sind und Nutzer warnen, wenn sich später herausstellt, dass sie sich in der Nähe von infizierten Personen aufgehalten hatten. Beim Konzept von Apple und Google soll die Entfernung zwischen Smartphones anhand der Bluetooth-Signalstärke gemessen werden. Die Smartphones sollen zugleich per Bluetooth Kryptographische Schlüssel austauschen, die sich alle 10 bis 20 Minuten ändern. Damit soll man Begegnungen nachvollziehen können, ohne dass sie im Einzelnen nachverfolgbar wären.

Mindestens 60 Prozent der Bevölkerung benötigt

Was oft verschwiegen wird, vor allem von der Bundesregierung: Mit der Corona-App bewegt sie sich auf sehr dünnem Eis, denn die App liefert nur aussagekräftige Informationen wenn sehr viele Deutsche an dem Versuch teilnehmen. Experten schätzen die Mindestteilnehmerzahl zwischen 60 und 80 Prozent der Bevölkerung. Mitgerechnet, dass nicht jeder ein Smartphone hat, kommt das einer Erfassung fast der ganzen Bevölkerung nah. Bei weniger als 60 Prozent ist die Aussagekraft sehr zweifelhaft. Dann nämlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Ansteckung beide Menschen in der App registriert sind, sehr gering. Die sogenannten Tracing-Apps speichern über Bluetooth alle Kontakte, die ihre Nutzer miteinander haben. Sobald einer von ihnen von den Gesundheitsbehörden als infiziert bestätigt wurde, werden jene Menschen benachrichtigt, die dieser vor der Diagnose möglicherweise noch angesteckt haben könnte. Sie werden dann angehalten, sich in Quarantäne zu begeben, oder sich selbst zu isolieren, damit sie niemand Weiteren anstecken und so die weitere Ausbreitung des Virus eingedämmt wird. „Die Nutzung der App durch möglichst große Teile der Bevölkerung ist die Grundlage ihres Erfolges“, versicherten Kanzleramtsminister Helge Braun und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Sonntag. Dafür müsse sie in der Bevölkerung sowie der Zivilgesellschaft eine breite Akzeptanz finden. Dabei soll auch die Möglichkeit integriert werden, dass Bürger freiwillig in pseudonymisierter Form zusätzliche Daten zur epidemiologischen Forschung an das Robert-Koch-Institut übermitteln können.

Unklare Kommunikation

Noch unklar ist, wer die neue dezentrale App nun federführend entwickelt. Bislang hatten das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in Berlin (HHI) als Teil der Initiative PEPP-PT die Entwicklung des zentralen Systems in Deutschland vorangetrieben. „Andere werden unsere bisherigen Ergebnisse nutzen können, um die dezentrale Lösung zu bauen“, hieß es nun in einer E-Mail an Mitarbeiter, aus der das „ARD-Hauptstadtstudio“ zitierte. [Tagesschau] Dort heißt es auch, es seien „bei PEPP-PT eine Reihe von gravierenden Fehlern hinsichtlich der Kommunikation begangen worden“. Die Fraunhofer-Gesellschaft stellt ihre Entwicklungen nun frei zur Verfügung, die Komponenten sollen insbesondere die freiwillige begleitende Datenbereitstellung zur direkten Erforschung der Pandemie ermöglichen. „Wenn alles gut läuft, ist die App in einem Monat da, realistischer sind wahrscheinlich zwei Monate“, sagt Henning Tillmann, Co-Vorsitzender des Zentrums für digitalen Fortschritt (D64) und bestätigt die 60 Prozent als notwendiges Minimum für aussagekräftige Apps. Trotzdem gibt es immer noch eine Reihe technischer Fragen zu lösen. Kernproblem ist dabei, dass die Bluetooth-Funktechnik eigentlich nicht dafür gemacht ist, Abstände zu messen. Bereits in Singapur, wo die Technologie schon im Einsatz ist, bleibt sie hinter ihren Erwartungen zurück.
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Manfred Weber
Manfred interessiert sich schon seit einigen Jahren für den Krypto-Raum und setzt seine intensive Erfahrung im journalistischen Bereich mit unterschiedlichen Schwerpunkten um.
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