Mit mehr als 15.000 Bitcoinern aus aller Welt war Bitcoin 2021 der bisher größte Bitcoin-Event aller Zeiten. Ursprünglich sollte die von den Machern des Bitcoin Magazine veranstaltete Konferenz in Los Angeles stattfinden. Doch da in Kalifornien noch das Coronoia-Virus grassiert, wurde sie nach Miami verlegt, das sich spätestens seit der Blockchain Week immer mehr zum Bitcoin-Zentrum der USA entwickelt.
Das liegt nicht nur an den niedrigen Steuern, dem guten Wetter und den seit September 2020 abgeschafften Covid-Restriktionen, sondern auch an Francis Suarez, dem Bürgermeister von Miami, der die Bitcoin 2021 eröffnete und der Bitcoin-Szene seine volle Unterstützung zusichert. Mitarbeiter im öffentlichen Dienst können einen Teil ihres Gehalts in Bitcoins erhalten, Überschüsse der Stadtkasse sollen in Bitcoin angelegt werden, Großevents wie Bitcoin 2021 finden ohne Einschränkungen statt.
Der Saal im Mana Convention Center im Szeneviertel Wynwood ist brechend voll. Viele Bitcoiner, die zwei Stunden in der prallen Sonne Floridas Schlange stehen mussten, um Einlass auf das Gelände zu erhalten, finden keinen Sitzplatz. So schlimm ist das nicht, denn die Reden von der Hauptbühne werden auf Leinwänden auf dem ganzen Gelände gezeigt. Es gibt mehrere Kuppelzelte, eine Skateboardbahn, eine Graffitiwand, ein Basketballfeld und zahlreiche Food Trucks, vor denen sich ebenfalls lange Schlangen bilden. Das Ganze erinnert mehr an ein Festival als an eine klassische Konferenz. Selbst in der Ausstellungshalle mit zahlreichen Sponsorenständen gibt es eine große Galerie mit Kryptokunst, die man als NFT kaufen kann – natürlich auf Bitcoin-Basis.
Bitcoin 2021 ist eine reine Bitcoin-Konferenz. Andere Coins und Blockchains finden hier keine Bühne. Allerdings gibt es ein paar Straßen weiter die „Shitcoin 2021“, eine Alternativkonferenz für alle anderen Coins, die Bitcoin-Maximalisten gern verächtlich „Shitcoins“ nennen. Doch eine wirkliche Rivalität besteht nicht; viele Besucher sieht man auf beiden Veranstaltungen. Die Shitcoin 2021, an deren Veranstaltungsort sonst vermutlich Punkrockkonzerte stattfinden, ist allerdings deutlich kleiner und billiger. Während Tickets für Bitcoin 2021 ab 1000 US-Dollar zu haben sind, arbeitet die von Ken Bozack initiierte Alternative auf Spendenbasis. Ich habe für mein Ticket 10 Dollar bezahlt, war aber auch nur einen Vormittag da.
Ron Paul, Jack Dorsey und Afrika
Die Bitcoin 2021 hat natürlich eine sehr viel beeindruckendere Liste von Sprechern. Allen voran Ron Paul, dem wohl bekanntesten libertären Politiker der USA, der für seine Rede stehende Ovationen erhält. Er kritisiert die Geldpolitik der Federal Reserve und fordert ihre Abschaffung, da ein zentralistisches Geldsystem Freiheit und Wohlstand gefährde.
Dieser Geist der Freiheit zieht sich durch die ganze Konferenz. Kaum jemand spricht vom Bitcoin-Kurs, von Regulierungsgesetzen und anderen Dingen langweiliger Natur. Hier geht es vor allem darum, die Welt zu verbessern, ein gerechtes Geldsystem zu verwirklichen und armen Menschen in der dritten Welt zu helfen. Ein Panel widmet sich dem Moral Cause of Bitcoin, besonders Jimmy Song bekommt viel Applaus für seine Aussagen zum moralischen Wert von Bitcoin. Weniger gut kommt der Vortrag von Twitter-Gründer Jack Dorsey an, der für seine Zensurpolitik aus dem Publikum heftig kritisiert wird.
Auf dem Panel „Wie man eine Milliarde neue Bitcoiner gewinnt“ berichtet Ray Youssef von Paxful von seiner Arbeit in Afrika, das mittlerweile führend in der Bitcoin-Adaption ist. In Nigeria ist die Summe der über Dienste wie Western Union ins Land kommenden Remittance-Zahlungen um 40% gefallen, weil immer mehr Nigerianer auf Bitcoin umsteigen. Dafür nutzen sie laut Youssef vor allem das Lightning Network, dessen Gebühren nur Bruchteile von Cents betragen. Die Zentralbank hat den Banken den Umgang mit Bitcoin offiziell verboten, was die Nigerianer aber keineswegs davon abhält, Bitcoin zu verwenden.
Bitcoin und die Energiefrage
Auch der angebliche Stromverbrauch von Bitcoin ist ein Thema. Bitcoin-Magazine-Redakteur Aaron van Wirdum interviewt dazu Steve Lee von Square. Deren Bitcoin Clean Energy Initiative hat ein Whitepaper herausgebracht, das prognostiziert, Bitcoin werde ein wichtiger Faktor für die Durchsetzung grüner Energien sein. Die überschüssige Energie von Solar- und Windanlagen, die in Spitzenzeiten verschenkt werden muss, um das Netz nicht zu überlasten, kann zum Bitcoin-Mining verwendet werden und so die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energieträger deutlich erhöhen. chon jetzt nutze laut Lee ein Großteil der Miner erneuerbare Energie, vor allem aus Wasserkraft.
Der wohl berührendste Moment der Konferenz: ein Interview mit Silkroad-Gründer Ross Ulbricht aus dem Gefängnis. Immer wieder betont Ross, was es bedeutet, seine Freiheit zu verlieren. Er wirkt gebrochen und depressiv. Seit acht Jahren sitzt er im Gefängnis, weil er eine E-Commerce-Site betrieb, die Bitcoin akzeptierte und gegen fragwürdige Gesetze verstieß, die es Menschen verbietet, Drogen zu konsumieren – was zwar schädlich, aber kein Verbrechen ist. Ginge es nach vernünftigen Politikern wie Ron Paul, wäre der „Krieg gegen die Drogen“, der allein den Drogenkartellen nützt, längst beendet und Ross Ulbricht ein freier Mann.
Nayib Bukele: El Salvador und Bitcoin
Ein weiterer Höhepunkt: die Ankündigung des Präsidenten von El Salvador, das als erstes Land der Welt künftig Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptieren wird. In El Salvador ist Tesla jetzt vom Staat dazu verpflichtet, Bitcoin-Zahlungen anzunehmen. Das Konzept des „Legal Tender“ ist zwar so überflüssig wie eine Zentralbank, dennoch kann diese Entscheidung Symbolkraft haben und von vielen Ländern nachgeahmt werden. Entsprechend groß ist der Jubel über diese Neuigkeit, die nur ein „kleiner Schritt für Bitcoin, aber ein großer Sprung für die Menschheit“ sein kann, wie James Mallers im Stil von Neil Armstrong betont. Er ist mit seiner Lightning App Strike in El Salvador sehr aktiv und hat den Präsidenten von den Vorteilen eines dezentralen Geldsystems überzeugt.
Krypto Kunst mit Max Cryptohead
Mein persönliches Highlight ist die Aufnahme von Diego Gutiérrez Zaldívar in die Crypto Hall of Fame. Diese Crypto-Version der Rock’n’Roll Hall of Fame habe ich selbst ins Leben gerufen. Bisher hatte ich gemeinsam mit dem Künstler Max Cryptohead entschieden, wen er für sie porträtiert. Ab jetzt ist dafür ein siebenköpfiges Gremium zuständig, das vorwiegend aus Journalisten führender Cryptomedien besteht. Es traf in zwei Wahlgängen die Entscheidung zugunsten des Gründers von RSK Smart Contracts, von Bitcoin Argentina und der Lateinamerikanischen Blockchain-Allianz. Diego setzte sich unter anderem gegen Ralph Merkle, den Erfinder der Merkle Trees, und die Bitcoin-Urgesteine Charlie Shrem und Erik Voorhees durch.
Sein Portrait hängt nun in einer 3D-Online-Galerie neben Satoshi Nakamoto, Hal Finney, David Chaum, Nick Szabo, Vitalik Buterin und anderen Pionieren der Cryptowelt. Zweimal im Jahr wird die Crypto Hall of Fame ein neues Mitglied aufnehmen, die nächste Ehrung findet im Rahmen der Latin American Bitcoin Conference in El Salvador im Dezember 2021 statt. Jeder kann Vorschläge machen, wer aufgenommen werden soll, die endgültige Entscheidung trifft dann das Expertengremium.
Die Bitcoin 2021 war zwar durch die langen Schlangen und riesigen Menschenmassen recht anstrengend, aber auch ein großartiges Erlebnis, das vermutlich als ein wichtiger Meilenstein in die Bitcoin-Geschichte eingehen wird.
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