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Anna Graf: “Das Metaverse wird mit der realen Welt verschmelzen”

5 min
Aktualisiert von Toni Lukic
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IN KÜRZE

  • Vor nicht allzulanger Zeit erlebten Metaverse Plattformen einen großen Hype.
  • Doch der Andrang war nicht von großer Dauer.
  • Welche Entwicklungen für eine Massenadaption notwendig sind, verrät uns Anna Graf im Interview.
  • promo

Auf einen kometenhaften Aufstieg von Metaverse-Plattformen folgte ein harter Aufprall auf dem Boden der Realität.

Doch wie wird sich der Sektor in den nächsten Jahren entwickeln? Was ist notwendig, um die virtuelle Welt den Massen schmackhaft zu machen? Und wie könnte unsere Welt in fünf Jahren aussehen?

Wir haben die Expertin Anna Graf im Interview befragt. Als Verantwortliche für Web 3 Innovationen bei Arvato Systems verfolgt sie die Entwicklungen im virtuellen Space sehr genau.


BeInCrypto:  Wie würdest du das Metaverse definieren?

Anna Graf: Im weitesten Sinne gibt uns das Metaverse die Möglichkeit, Dinge zu erleben, die wir im realen Leben nicht erleben können. Bereits heute befinden wir uns in einer Situation, die wir vor 30 Jahren so nie gehabt hätten. Denn damals war es nicht möglich, über weite Distanz Meetings via Videotelefonie abzuhalten.

Genauso, wie die Menschen damals die heutige Realität als Illusion empfunden hätten, können wir nur spekulieren, was die Zukunft bringt. Allerdings scheinen wir uns Schritt für Schritt dahin zu bewegen, real wirkende Räume im Metaverse zu entwickeln und durch Web 3 eine interoperable Welt zu schaffen.

Darüber hinaus verbringen wir schon heute oft mehr als 50 % unser Zeit vor Bildschirmen. Da sind dann digitale Güter gegebenenfalls wichtiger als die aus der echten Welt. Beispielsweise sieht man in den Meetings bislang nicht, welche Schuhe wir tragen. Aber im Metaverse können wir uns durch digitale Mode ausdrücken, wie wir es heute in der echten Welt machen.

Die Grenze zwischen digitaler und realer Welt kann sehr klein sein. Wenn wir bei Videoanrufen unser äußeres Erscheinungsbild oder die Umgebung mit Filtern und Effekten verändern, ist das eine Form der virtuellen Realität?

Tatsächlich sind sowohl Augmented Reality Elemente als auch Filterarten teilweise wahnsinnig weit gefasst. Wenn ich möchte, kann ich in einem Meeting mit einer anderen Augen- oder Haarfarbe auftreten und vor einer Palmenlandschaft posieren. Also geht es dabei schon um die eigene Identität im digitalen Raum. Und darum, wie ich mich in der digitalen Welt sehe oder gesehen werden möchte. Auch in der realen Welt passe ich mich je nach Gesprächspartner und Situation an – das erlaubt uns jetzt auch der virtuelle Raum.

Allerdings können wir im Metaverse die Grenzen der realen Welt auflösen, mit unserer Identität spielen und sie anpassen. Ich denke, dass die heutigen technischen Möglichkeiten und Spielereien den Weg des Metaverses ebnen. Und in zehn oder zwanzig Jahren könnten wir diese Welten gleichwertig wahrnehmen, da die Elemente miteinander verschmelzen. Dann bedeuten uns beide Welten gleich viel, was jetzt für einen Großteil der GenZ schon so ist.

Wenn die virtuelle Welt einen so großen Stellenwert einnimmt, werden davon große Unternehmen als zentrale Anbieter profitieren? Oder wird das Metaverse dezentral sein?

Oftmals bringen Menschen das Metaverse mit Firmen, wie dem ehemaligen Facebook in Zusammenhang. Das ist ganz klar nicht dezentral. Denn in dem Fall steuert eine einzige Firma alles und hat dadurch sehr viel Macht im Metaverse

Und genau hier setzen Fragen an, mit denen sich Ethik-Organisationen auseinandersetzen: Wie setzen wir die virtuelle Welt um, beziehungsweise wie wollen wir sie umsetzen? Wollen wir ein dezentrales Metaverse oder entwickeln sich die bereits vorhandenen fünf bis sechs Player weiter?

Im Zusammenhang mit den Regeln und der letztendlichen Form des Metaverses stehen wir noch ganz am Anfang. Da stellen sich die Fragen, ob die gleichen Regeln wie in der echten Welt gelten sollen und ob das überhaupt möglich ist, da sich die Identitäten dort ganz anders verhalten. Brauche ich einen Ausweis? Inwieweit dürfen die Daten aus dem Metaverse analysiert und genutzt werden? Es kommen viele Fragen und Diskussionen zur Regulation des Metaverses auf uns zu.

Damit sich die Gesellschaft diesen Fragen widmet, ist es Voraussetzung, dass das Metaverse auch genutzt wird. Was denkst du, muss ein Metaverse bieten, um die Menschen anzulocken?

Eine virtuelle Welt muss Erlebnisse bieten, um erfolgreich zu sein. Wenn sie keinen Spaß oder Nutzen bringt, bleibt sie leer. Das ist also die erste Voraussetzung: Es muss einen Grund geben, warum ich dort hin will.

Natürlich ist es auch bequem, von zu Hause aus in eine neue Welt einzutauchen. Aber das bietet, glaube ich, nicht ausreichend Anreiz. Zusätzlich muss diese Welt Erlebnisse ermöglichen. Wenn Maschinen und künstliche Intelligenz die menschliche Arbeitskraft ersetzen, dann können Menschen zum Beispiel im Metaverse Nutzen schaffen und Erlebnisse bieten, um Einkommen zu generieren.

Also siehst du auch Anwendungsfälle, die über das virtuelle Büro und digitale Mode hinausgehen? Siehst du eine große Zukunft im Bereich Gaming für das Metaverse, um Nutzer zu locken?

Auf jeden Fall. Vor allem bin ich gespannt, was Yuga Labs noch auf den Markt bringen wird. Denn die Tests sahen recht vielversprechend aus, um Interaktionen zwischen den Nutzern zu ermöglichen. Und das finde ich sehr wichtig.

Außerdem ist es von großer Bedeutung, skalierbare Produkte zu schaffen. Ob es das gemeinsame Lösen einer Mission, der gemeinsame Besuch eines Konzertes oder das einfache Abhängen mit anderen Menschen ist. Wir können Kulturen verknüpfen und sogar physikalische Gesetze brechen – zum Beispiel über die Welt fliegen. Es gibt viele Möglichkeiten, die wir uns heute vielleicht noch gar nicht vorstellen können.

Da der Erfolg des Gaming-Sektors stetig wächst, erwarten wir auch hier einige erlebnisreiche Anwendungsfälle. Wichtig ist, dass das Nutzerempfinden und die Grafik den heutigen Maßstäben entspricht oder diese übertrifft. Obendrein müssen die Abläufe und Bewegungen reibungslos sein. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen.

Apropos, “einige Zeit ins Land ziehen” – welche technologischen Entwicklungen erhoffst du dir für die nächsten fünf Jahre? Glaubst du, wir werden dann mit VR-Brillen durch die Straßen laufen?

Da ich generell gerne Sonnenbrille trage, hätte ich nichts dagegen, wenn mir die Gläser relevante Informationen anzeigen. So könnte ich neue Städte erkunden, ohne das Smartphone zücken zu müssen. Oder ich könnte mir Kochrezepte oder Bauanleitungen direkt über die Brille anzeigen lassen. Außerdem hoffe ich auf die Überbrückung von Sprachbarrieren bei Besuchen fremder Länder. Da ist Google ja schon recht weit in der Entwicklung.

Persönlich wünsche ich mir, in fünf Jahren meinen eigenen Avatar mit all meinen Informationen zu haben, der im Metaverse lebt. Dann kann ich ab und zu fragen, was so passiert ist. Wenn meine zweite Identität in der virtuellen Welt weiterlebt, könnten beispielsweise Nachfahren mit mir kommunizieren, selbst wenn ich nicht mehr da bin.

Solche Anwendungsfälle stelle ich mir für die nächsten Jahre vor. Darüber hinaus denke ich, dass wir zum Beispiel Musikerinnen oder Prominenten über virtuelle Räume nahe kommen können. Und das Marketing wird bestimmt auch noch einige gute Ideen haben, um Produkte zu verkaufen.

Aber schauen wir mal, was auf uns zukommt. Vielleicht geht es auch in eine ganz andere Richtung, die wir so nicht erwartet haben. Generell freue ich mich darauf, diesen Weg mitzugestalten und hoffe, in fünf Jahren alles gesund und fröhlich mitzuerleben.

Das ist doch ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch.

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