Wie der erste Proof of Reserves (PoR)-Auditbericht von Binance zeigt, verfügt das Unternehmen über genügend Guthaben, um einen Bank-Run zu bewältigen.
Am 22. November 2022 führte die südafrikanische Geschäftseinheit des internationalen Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Beratungsunternehmens Mazars das PoR-Audit durch. Mithilfe verschiedener Methoden prüfte das Unternehmen, ob Binance über genügend Vermögenswerte verfügte, um massiven Kundenabhebungen nachkommen zu können.
Binance Merkle Tree Audit
Zunächst glich die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft separat die Vermögensbestände von Wallet-Adressen auf der BNB-, Bitcoin- und Ethereum-Chain mit einem vom Binance-Management zur Verfügung gestellten Vermögensbestandsbericht ab. Dabei stellte das Unternehmen eine Abweichung der Vermögenswerte von weniger als 1 % fest.
Um die Kontrolle über die Private Keys nachzuweisen, wies Mazars das Binance Management an, Gelder von einer bestimmten Wallet-Adresse auf eine andere zu verschieben. Diese Transaktionen wurden mit Etherscan und BSCScan überprüft. Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft feststellte, waren die betreffenden Adressen als zu Binance gehörig gekennzeichnet.
Anschließend verwendete das Binance Management benutzerdefinierte interne Code-Skripte, um Berichte über alle Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Kunden genau zu extrahieren. Nutzer, die sich Geld für gehebeltes Trading geliehen hatten, wiesen in den Berichten einen negativen Saldo auf. Anschließend verifizierte Mazars die Korrektheit der Salden.
Um den Merkle Root Hash aller Kundensalden zu berechnen, verwendete der Prüfer einen firmeneigenen Merkle Tree-Generator. Bei diesem sogenannten Merkle Root Hash handelt es sich um ein kryptografisch sicheren Fingerabdruck. Ein Wirtschaftsprüfer kann diesen verwenden, um den Vermögenssaldo einer Börse zu einem bestimmten Zeitpunkt überprüfen. Obgleich dieser Fingerabdruck den Börsensaldo anhand der Kundensalden verifiziert, sind Kundeninformationen nicht einsehbar.
Binance Kunden können den Merkle Root Hash auf der Mazars Website auch selbst eingeben. So können sie ihr Merkle Leaf finden und überprüfen, ob ihr Guthaben zum Zeitpunkt der Hash-Berechnung an der Börse existiert. Einige Nutzer äußerten dabei jedoch Schwierigkeiten.
Den Feststellungen des Prüfers zufolge hatten Binance Kunden, die gehebelten Handel betreiben, ihre Positionen um bis zu 101 % überbesichert.
Audits reichen nicht aus
Krypto-Twitter reagierte überwiegend positiv auf die Binance-Überprüfung. Allerdings bemängelten einige, dass die Börse mit Mazars eine relativ unbekannte Firma wählte.
Den Bedenken einiger Kritiker zufolge könnten Kollaborationen mit Wirtschaftsprüfungsunternehmen entstehen oder Reserven mithilfe geliehener Vermögenswerte leicht gefälscht werden. Dennoch könnten derartige Prüfungen bald obligatorisch sein, um Nutzergelder trotz ausbleibender Einlagensicherung zu schützen.
Da viele Kryptobörsen, darunter auch Binance, keine öffentlichen Unternehmen sind, müssen sie die Vorschriften zur Finanzberichterstattung in Ländern, wie den USA, nicht einhalten. Regelmäßig veröffentlichte Prüfungen könnten der Kryptobranche daher mehr Legitimität verleihen. Dem Vertrauen der Anleger wäre damit sehr geholfen. Infolge des Zusammenbruchs mehrerer großer Krypto-Unternehmen im Jahr 2022 befindet sich dies aktuell auf einem historischen Tiefstand.
FTX brach beispielsweise zusammen, da es angeblich Kundengelder veruntreute und deswegen nicht über ausreichend Liquidität verfügte. Folglich konnte es den massenhaften Abhebungen zum entscheidenden Zeitpunkt nicht gerecht werden.
Der PoR verbessert die Transparenz, verhindert jedoch nicht die Misswirtschaft von Geldern in der Zeit zwischen den Prüfungen. Um die Kundensalden von Börsen gleich traditionellen Wall Street Banken wirklich sicherzustellen, müssten die Regulierungsbehörden also weitere Vorschriften einführen.
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