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Rezession: Laut diesem Professor existiert sie nur im Kopf

4 min
Aktualisiert von Konstantin Kaiser
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IN KÜRZE

  • Der Wirtschaftsprofessor Laurence Kotlikoff sieht eine Rezession als eine Geisteshaltung.
  • In der Vergangenheit seien solche Situationen größtenteils in den Köpfen der Menschen entstanden.
  • Dem Professor zufolge geben auch die Daten keine Anzeichen für eine Rezession.
  • promo

Laut Laurence Kotlikoff geben die Daten keine Anzeichen für eine Rezession. Seiner Meinung nach entstehen derartige Krisen in unseren Köpfen – können wir diese Situation also durch unser Denken unter Kontrolle bekommen?

Kotlikoff ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Boston. Kürzlich meinte er, Menschen würden sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ärmer fühlen, je nachdem, was sie in den Medien lesen und hören – selbst wenn sich in ihrem Leben eigentlich nichts geändert hat.   

“Ich denke, wir befinden uns weder jetzt in einer Rezession, noch war dies in den letzten sechs Monaten der Fall – die Arbeitslosigkeit ist immer noch sehr niedrig. Rein faktisch gibt es also keine Anzeichen dafür. Dennoch schreiben alle Zeitungen von einer Rezession. Schlechte Nachrichten verkaufen sich nun mal.”

Wenn einige Nachrichtenorganisationen von einer Rezession sprechen, so fühlen sich alle anderen ebenfalls dazu gezwungen, darüber zu berichten, fügte er hinzu.

Laut dem Professor würden wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass in der Vergangenheit ein Rückgang der Immobilienpreise zu einem Rückgang der Gesamtausgaben der Verbraucher führte. Menschen würden sich demnach auf dem Papier arm fühlen, aber entsprach das auch die Realität?

“Psychologie spielt eine große Rolle, denn die Mehrheit kennt sich nicht mit Wirtschaftswissenschaften aus. Nur die wenigsten sind darauf trainiert, so zu denken, wie ich es gelernt habe. Also verstehen sie die Dinge falsch und hören auf das, was andere Leute sagen. Doch diese anderen Leute konzentrieren sich ebenfalls auf die falschen Dinge!”

Die Rezession reden wir uns selbst ein

Kotlikoff zufolge würden die Leute über hohe Hypothekenzinsen und Inflationsraten diskutieren, nicht aber darüber, dass der Realzins, also der Zinssatz abzüglich der Inflationsrate, für Hypotheken gesunken ist. “Diese Diskussion wird einfach nicht geführt. Die Leute meinen, die Hauspreise seien gesunken, aber hat sich etwas geändert? Ist dein Haus zusammengefallen? Hast du letzte Nacht in demselben Zimmer geschlafen? Hat sich in deinem Leben finanziell wirklich etwas verändert? Nein!”

Der Professor meint, die Menschen würden die tatsächliche wirtschaftliche Realität falsch einschätzen. “Nehmen wir einmal an, ich bin Arbeitgeber, habe viele Arbeitnehmer und denke, die Situation ist nicht so kritisch, wie sie dargestellt wird. Du bist aber der Meinung, die Dinge wären wirklich schlecht, weil die Presse darüber schreibt – denn dadurch glauben die meisten an eine Rezession.

Folglich bekommst du Angst, also entlässt du einige Mitarbeiter. Aber deine Mitarbeiter sind meine Kunden. Also beginne ich ebenfalls damit, meine Angestellten zu entlassen. Doch meine Angestellten sind wiederum deine Kunden, welche dir jetzt auch ausbleiben. Du entlässt also weitere Angestellte. Jetzt habe ich noch weniger Kunden und kann meine wenigen Arbeiter nicht bezahlen. Folglich entlasse ich noch mehr Angestellte und so weiter!”

Kotlikoff möchte mit diesem Beispiel zeigen, wie das Reden über eine Rezession eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein kann: “Wenn wir beide an etwas glauben, das nicht wahr ist, lassen wir es zur Realität werden.”

Die Ursachen von Rezessionen

Kotlikoff spricht oft über die Ursachen der letzten Rezession und darüber, wie wir dies in der Zukunft verhindern können. “Nichts von dem, was sie über die Ursache der großen Rezession behaupteten, wird durch Daten gestützt. In der Tat war fast keine ihrer Aussagen zutreffend.

In Kotlikoffs Artikel “The Big Con” (Der große Betrug) schreibt er, die Ursache der letzten Rezession sei eine von den Menschen erfundene, augenscheinliche Krise gewesen. Aber wir hätten daran geglaubt. “Wir haben uns all diese Probleme nur eingeredet. In Wirklichkeit existierten sie nie. An dieser Stelle kommt die Psychologie ins Spiel – wir haben uns als Land selbst etwas vorgemacht. Wir haben uns selbst in die Rezession gebracht. Und das versuchen wir in diesem Land nun schon seit vielen Monaten erneut zu tun. Andere Länder auf der ganzen Welt folgen unserem Beispiel und tun es auch. Dadurch könnten wir es schaffen, uns selbst in die nächste große Rezession hineinzureden.

Dem Professor zufolge sei die große Rezession eigentlich gar nicht so groß gewesen. “Wir hatten einen Produktionsrückgang von nur drei Prozent. Es war also eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.”

Ein Bild von BeInCrypto.com

Makroökonomische Faktoren

Kotlikoff meinte auch, die FED habe sich selbst davon überzeugt, die Zinsen drastisch anheben zu müssen. “Aber das tatsächliche Problem der Inflation liegt auf der Angebotsseite”.

Seiner Meinung nach sind COVID-19, der Krieg in der Ukraine und Störungen in der chinesischen Produktion die preistreibenden Faktoren. Diese Preiserhöhungen seien jedoch nur vorübergehend.

“Jetzt, wo wir die Inflation in Gang gebracht haben, rechnen die Menschen damit. Sie ist also in den Erwartungen der Menschen verankert. Die Unternehmen sehen die steigenden Preise und meinen daher, sie sollten die Löhne der Arbeiter erhöhen. Folglich heben sie auch ihre Preise an”.

Laut Kotlikoff sollten die Unternehmen versuchen, den Arbeitnehmern zu helfen, indem sie eine Zeit lang einen geringeren Gewinn in Kauf nehmen. “Wir sollten uns alle darauf verständigen, die Preise auf einem niedrigeren Niveau anzuheben. Jeder von uns erhöht die Preise, weil wir denken, die anderen würden dasselbe tun. Dabei sollten wir lieber gemeinsam unsere Psychologie ändern und uns anstelle einer Rezession auf ein niedrigeres Inflationsniveau einigen. Wenn wir alle an eine Rezession glauben, werden wir sie auch herbeiführen. Das erinnert mich an das Gefangenendilemma in der klassischen Spieltheorie – wir sind alle besser dran, wenn wir alle einen kleinen Verlust hinnehmen.

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