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Wie dezentral ist Ethereum wirklich? Ein Vergleich zu Bitcoin

4 min
Aktualisiert von Julian Brandalise
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IN KÜRZE

  • Ist Ethereum dezentraler als Bitcoin?
  • Was der DAO Hack mit Ethereum Classic zu tun hat.
  • Staking statt Mining - neuer Trend?
  • promo

Ethereum wechselt zu einem neuen Konsensmechanismus. Dieser soll laut offiziellen Dokumenten der Entwickler zu mehr Dezentralisierung führen. Wie viel Wahrheit steckt in dieser Aussage? Und wie dezentral war ETH davor?

Ethereum ist doch sowieso eine zentralisierte Blockchain. Bitcoin ist die einzige dezentrale Chain!

Wer kennt diese Debatten im Krypto-Space nicht?

Tatsächlich hat uns die Vergangenheit auch gelehrt, dass Ethereum so seine Schwierigkeiten mit der Dezentralisierung hatte. Der DAO Hack im Jahr 2016 zeigte uns bereits, dass eine einzige Person die ganze Entscheidungsgewalt über das Protokoll hat – Vitalik Buterin. Doch wie sieht es mit Nodes, Minern und dem Umstieg auf Proof of Stake aus?

Ethereum: Dezentralität um jeden Preis?

Noch operiert das ETH-Netzwerk auf dem Konsensmechanismus Proof of Work. Allerdings soll dies mit dem Merge spätestens Ende September Geschichte sein, Vorbereitungen dazu sind in vollem Gange. Wie es in den offiziellen Dokumenten von Ethereum heißt, geht damit auch ein höheres Grad an Dezentralisierung einher.

Aber: Was bedeutet Dezentralisierung genau?

Im Unterschied zu zentralen sollen in dezentralen Systemen meherer Knoten auf der ganzen Welt das Netzwerk betreiben und sichern. Fällt ein Knoten (Computer) aus, sind genug andere vorhanden, um für die Sicherheit und Verfügbarkeit zu garantieren. Das Netzwerk Blockchain weist durch genau diese Komponente eine hohe Fehlertoleranz auf.

Bitcoin als auch Ethereum unterscheiden sich in diesem Punkt noch nicht: Beide Chains werden durch Nodes abgesichert, die die dauernde Verfügbarkeit des Netzwerkes sicherstellen. Die Nodes sind die Punkte, welche den Minern im System Transaktionen aus einem Pool zuspielen. Daraufhin verarbeiten die Miner die Transaktionen zu Blocks, senden sie zurück an die Nodes, damit diese dort wiederum validiert werden.

Es ist von größter Bedeutung, eine Vielzahl von Nodes in einem Blockchain-System betreiben zu können. Nur so ist das Netzwerk jederzeit erreichbar und zensurresistent. Kontrolliert nur eine kleine Anzahl von Menschen eine entsprechend große Anzahl an Nodes, könnten diese ungewollte Änderungen durchbringen.

Genau an diesem Punkt unterscheidet sich das “alte” Ethereum von Bitcoin

Ethereum auf dem Konsensmechanismus des Proof of Work kann nicht die gleiche Dezentralität wie Bitcoin zugesprochen werden. Einen Bitcoin-Node kann jeder betreiben: Hardware kaufen, Setup einrichten und die Fahrt kann losgehen. Einziger Kostenfaktor bleibt der aufgewendete Strom. Hingegen benötigen Ethereum Nodes mehr Ressourcen, sodass die Einstiegshürde höher ist.

Während ein Bitcoin (Full) Node circa 5 GB Speicherplatz benötigt, sind es bei ETH sage und schreibe 10 Terrabyte. Mehr als das 20-fache eines üblichen Laptops.

Vergleichen Ethereum-Maximalisten die absoluten Zahlen, so müssen sie sich vermutlich eingestehen: Ja, Bitcoin ist wirklich dezentral(er). Zwar konnte ETH noch vor rund einem Jahr rund 12.500 Nodes aufweisen, liegt aber mittlerweile aufgrund des Merge bei 5.000. Bitcoin hingegen steigt von einem All-time-High zum nächsten und liegt derzeit bei knapp 14.630 erreichbaren (aktiven) Nodes. Die Gesamtanzahl liegt bei etwa 46.000.

Doch nicht nur die absolute Anzahl an Nodes ist entscheidend, sondern auch die Art der Nodes. Eines der größten Probleme Ethereums ist, dass 70 Prozent der Nodes auf gehosteten Servern, wie dem Amazon Web Service betrieben werden. Dies ist am folgenden Bild gut zu erkennen.

Ein Bild von ethernodes.org

Der E-Commerce-Riese soll 30 Prozent der gehosteten Nodes ausmachen und stellt so eine riesige Gefahr für einen potenziellen Netzwerkausfall dar. Jeff Bezos muss vermutlich nur einen Knopf drücken.

Großer Unterschied zu Bitcoin: Zwar werden auf der populärsten Kryptowährung auch Nodes gehostet, jedoch nur rund 30 Prozent.

Wer macht die Regeln?

Bei Ethereum ist die Sache ganz klar: Eine kleine Gruppe von Programmieren rund um Vitalik Buterin besitzt die Macht, Änderungen am Protokoll vorzunehmen. Bitcoins Core Developer können hingegen Upgrades oder Änderungen gegenüber der Community nicht aufzwingen – die Nodes entscheiden selbst, ob sie die neuen Spielregeln annehmen.

Wie zentralisiert ETH wirklich ist, konnten User beim DAO Hack 2016 beobachten. Ohne die Möglichkeit, die gestohlenen ETH zurückzuerhalten, entschloss sich Buterin damals einen Hard Fork der Blockchain durchzuführen. Ethereums Blockchain war auf einmal nicht mehr so unveränderlich wie vermutet.

Was aus der alten Chain entstand, war Ethereum Classic, welches es bis heute noch frei am Markt zu erwerben gibt. Deswegen gilt Classic auch als die Ursprungsform von ETH.

Wird es mit dem Merge anders?

Der zu implementierende Proof of Stake Konsensmechanismus basiert auf einer ganz anderen Systematik als das Proof of Work. Ganz im Gegenteil zu Bitcoin, wird das Netzwerk in Zukunft nicht mehr von Minern und Nodes am Laufen gehalten, sondern von Stakern. Diese stellen gegen einen Zins ihre Ethereum zur Verfügung, um neue Blöcke auf der Chain zu validieren, sogenannte Validatoren.

User können ab einer Grenze von 32 ETH zu Validatoren werden und so als Node als auch am Gewinn partizipieren. Laut Ethereum Foundation dezentraler als noch im Proof of Work, da die Hürde nicht so groß ist. Von Kritikern wird allerdings hervorgebracht, dass dadurch bereits jetzt große Protokolle eine enorme Macht über die Kryptowährung gelangen. Lido (bekannt aus dem Terra-Luna-Crash) besitzt zurzeit rund 33 Prozent aller gestakten ETH, die vier größten Plattformen zusammen sogar rund 54 Prozent.

Das Problem ist, dass sich Pools mit hoher Kapitalakkumulation große Teile des Staking sichern können und so eine riesige Gefahr für die Sicherheit und demnach Dezentralisierung der Chain darstellen. Ob sich dies mit dem Eintritt neuer Player am Markt ändern wird, steht in den Sternen und kann noch nicht beurteilt werden.

Wir werden bis zum Merge jedenfalls gespannt auf die Zahlen blicken.

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Toni Lukic ist der Chefredakteur von BeInCrypto Deutschland. Seit 2022 ist er Mitorganisator des monatlichen Meetups "Crypto Invest Berlin" und spricht auf Konferenzen zu Krypto, Web3 und Blockchain. Außerdem ist er als Berater für Krypto-Startups tätig und ab April 2023 Mentor des DeFi Talents Kurses am Blockchain Center der Frankfurt School. An dieser Schule absolvierte er zuvor den NFT-Talents-Kurs und das Influencer by DNA-Programm. Im Jahr 2019 schloss er sein Studium der...
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