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Cardano und die Afrika-Vision: Hängt die Blockchain sich selbst ab?

5 min
Aktualisiert von Toni Lukic
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IN KÜRZE

  • Cardano erhielt in letzter Zeit eine Menge negativer Presse und auch der Fortschritt ließ zu wünschen übrig.
  • Selbst wenn ADAs Technologie tatsächlich überlegen ist, so reicht dies allein nicht aus.
  • Oft bestimmen Faktoren wie Kosten, Nutzen und effektive Werbung den Erfolg eines Projektes.
  • promo

Die Kritik an Cardano reichte zuletzt von der Programmiersprache über langsame Fortschritte wegen Peer-Überprüfungen bis hin zu fragwürdigen Projekten und Allianzen.

Für den Erfolg der Blockchain könnte eine derartige Kritik trotz starkem technologischen Fundament zu einem echten Problem werden. Möglicherweise versteht der Durchschnittsbürger weder die Blockchain an sich noch ihren Nutzen – doch vielleicht interessiert ihn das auch überhaupt nicht?

Im Grunde verhält es sich wie mit Kreditkartentransaktionen: Es geht nicht um gut oder schlecht, es soll einfach nur funktionieren.

Was, wenn es niemanden interessiert, ob Cardano die beste Technologie hat?

Lassen wir einmal alle Zweifel beiseite und nehmen an, Cardano hätte tatsächlich die beste Blockchain-Technologie und würde von der Öffentlichkeit weitgehend akzeptiert.

Obgleich das Netzwerk die am stärksten dezentralisierte und technologisch fortschrittlichste Option scheint, ist das noch lange kein Erfolgsgarant, um zu einem Weltstandard aufzusteigen. 

Eine schlechtere Technologie kann sich aufgrund bestimmter Umstände durchaus gegen eine bessere durchsetzen. Man denke nur an VHS gegenüber Betamax oder die weitaus etablierteren Standard QWERTY-Tastatur gegenüber der ergonomischen DVORAK-Tastatur. Kurz um: Das bessere Produkt gewinnt nicht immer!

Cardano mag besser sein, aber ist das wichtig?

Zwar mag die Technologie dieser Blockchain überlegen sein, doch stellt dies keineswegs den Erfolg im Kampf um die Massenakzeptanz sicher. Mangelndes Marketing (abgesehen von Hoskinsons YouTube-Kanal) und Konkurrenten, wie Ethereum als auch andere Projekte drängen Cardano mit der Zeit womöglich aus dem Rennen. Besonders sein langsames Peer-Review-Verfahren könnte dem Projekt langfristig Probleme bereiten.

In einem Markt, der Geschwindigkeit und Innovation schätzt, scheint Cardano nicht besonders wendig.

Es verhält sich wie beispielsweise mit einer Glühbirne: Unabhängig davon, wer sie benutzt, sie bleibt eine Glühbirne. Dabei ist es egal, ob Westinghouse, General Electric oder jemand anderes von ihr profitiert, solange sie Anklang findet. Das Gleiche gilt für Blockchains.

Die Menschen werden die günstigste, schnellste und vor allem funktionierende Lösung wählen. Ohne darüber nachzudenken, welche Blockchain sie nutzen.

Die wissenschaftliche Methode

Cardano betont die Bedeutung der wissenschaftlichen Methode immer wieder, doch werden seine Investoren kaum von derartigen Beiträgen profitieren. Tatsächlich könnte ein anderes Projekt sich diese Erkenntnisse einfach zunutze machen und Cardano mithilfe von besserer Werbung und den richtigen Industriepartnern überholen.

Ist die Fixierung auf Afrika ein Fehler?

Obgleich die Cardano-Community dem nicht zustimmen würde, ist Afrika für den Erfolg des Projekts nicht unbedingt die beste Basis. 

Natürlich sprechen ein paar Gründe für Afrika und aus humanitärer Sicht sollte Cardano mit Sicherheit für seine Vision gelobt werden. Der Kontinent ist voller junger Menschen und offen für den Fortschritt sowie radikale, neue Ideen. Da kommt so etwas Spannendes, wie Blockchain, gerade richtig gelegen.

Ferner ist der Durchschnittsverbraucher in der Regel keiner Marke treu. Daher ist es für neue Unternehmen möglich, sich früh einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und diesen mit der ständig wachsenden Popularität auszubauen.

Nahezu 57 % der afrikanischen Bevölkerung werden nicht von den traditionellen Banken bedient und suchen nach einer Alternative. Doch was nützt eine Tasche voller ADA ohne die nötige Akzeptanz und Zahlungsinfrastruktur?

Grafitti Cardano Symbol
Ein Bild von BeInCrypto.com

Viel Potenzial und viele Probleme

Kurz gesagt, der afrikanische Kontinent ist ein unerschlossener Markt mit viel Potenzial. Die meisten Menschen haben kein Bankkonto und werden die Zukunft mit ihren Entscheidungen stark beeinflussen. Vor allem, wenn es darum geht, ihr Leben mithilfe der Technologie zu verbessern.

Afrika hat insgesamt mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, eine davon ist die niedrige Internet-Zugangsrate von nur 24 %. Derartige Probleme müssen vor der Einführung der Blockchain gelöst werden – unabhängig davon, ob Menschen sich für die Technologie interessieren oder nicht. Es ist, als würde man einen großen Bootsanhänger kaufen, ohne das nötige Geld für ein Boot zu besitzen.

Infrastruktur ist wichtig

Das Start-up World Mobile will Telekommunikationsnetze dort in Afrika aufbauen, wo traditionelle Unternehmen dieser Branche wenig Erfolg hatten. Doch auch wenn dieses Unterfangen Erfolg verspricht, so wird es doch einige Zeit brauchen.

Nach Angaben des Unternehmens soll die Umsetzung fast 10 Jahre dauern. Ziel dabei ist es, bis 2030 das größte Mobilfunknetz der Welt mit erschwinglichen und hochwertigen Verbindungen in ganz Afrika und darüber hinaus aufzubauen.

Unter Berücksichtigung unvorhergesehener (und doch wahrscheinlicher) rechtlicher sowie technischer Verzögerungen kann ein derartig groß angelegtes Programm ins Stocken geraten. Rechnet man die Komplexität der physischen Infrastruktur hinzu, wird das Programm wahrscheinlich nicht vor 2030 abgeschlossen sein.

Darüber hinaus verfügen viele Afrikaner nicht über die finanziellen Mittel, um ein einfaches Smartphone mit Internetfunktionen zu erwerben. Wie der Mobilfunkverband GSMA herausfand, sind die Endgeräte viel zu teuer. Sie kosten satte 120 % dessen, was die untersten 20 % der afrikanischen Bevölkerung südlich der Sahara monatlich verdienen. Solange Cardano nicht plant, ein erschwingliches Web-Telefon zu bauen, wird dieser Umstand ein wesentliches Problem darstellen.

Erst die Regierung, dann das Volk

Demnach werden die meisten Zielkunden von Cardano dessen Dienste in den nächsten 10 bis 15 Jahren nicht in Anspruch nehmen können. Wie plant das Projekt also, diese Zeit zu überbrücken? Wird es einfach abwarten? Die Community war bisher alles andere als geduldig und langsam ist von einer zunehmenden Unruhe auszugehen. Über das vergangenen Jahr verlor der native ADA Token 82 % seines Wertes. Dazu hieß es bisher immer: “einfach warten”. Doch in diesem schnelllebigen Sektor hat ein solches Mantra seine Grenzen.

Fast 76 % der afrikanischen Bevölkerung haben keinen Internetzugang und sind daher auch nicht in der Lage, an der Kryptoindustrie teilzunehmen. Allerdings baute das Projekt Verbindungen zu einer Reihe von Regierungen auf, die sehr wohl Zugang zum Internet haben.

Da Regierungen durch ihre Bürger bereits über eine große Nutzerbasis verfügen, ist eine Massenakzeptanz eher durch die Zusammenarbeit mit ihnen sowie mit Unternehmen zu erwarten, als durch private DeFi- oder NFT-Enthusiasten. Für Cardano ist es also durchaus sinnvoll, sich zuerst an Regierungen zu wenden und auf deren Hilfe bei der Implementierung dieser neuen Technologie zu setzen.

Dennoch scheinen die Partnerschaften nicht besonders beeindruckend. Ein Großteil der von Cardano angeführten Regierungspartner ist nicht aktiv oder befindet sich noch im Aufbau. Ferner könnten sie sich ohne Weiteres zurückziehen, sollte bei dem Projekt etwas schiefgehen. Darüber hinaus ist der afrikanische Kontinent historisch instabil und zeichnet sich durch einige nicht gerade vertrauenswürdige Regierungen aus.

Aktuelle Projekte in Afrika

Das äthiopische Bildungsministerium versucht in Zusammenarbeit mit Cardano, fünf Millionen Schülern und 750.000 Lehrern dezentralisierte Identitätsnachweise und Blockchain-basierte Leistungsnachweise zu liefern. Leider werden der immer noch tobende Bürgerkrieg und der dort ausgerufene Ausnahmezustand das Erreichen dieses Ziels in naher Zukunft wahrscheinlich verhindern.

World Mobile tat sich mit der Blockchain zusammen, um Millionen von Menschen mit “erschwinglichem Internet” zu versorgen, doch sind die Unternehmensallianzen im Moment eher symbolisch. Es handelt sich mehr um eine Absichtserklärung, als um einen Beweis größerer Ambitionen. Um fair zu bleiben; Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.

Das China-Problem

Sollte es Cardano gelingen, eine Finanz- und Dateninfrastruktur in Afrika aufzubauen, so hätte das Unternehmen einen ernstzunehmenden Gegner – China.

Die asiatische Großmacht ist in Afrika stark vertreten und nutzt ihre wirtschaftliche Stellung, um Einfluss auf die verschiedenen afrikanischen Nationen zu üben. Wenn die Blockchain eine ernste Erfolgschance haben will, so sollte sie sich nicht gegen Chinas Interessen stellen oder sie wird die Konsequenzen tragen.

Afrika ist sicherlich eine faszinierende Option, doch sollte es nicht der Hauptfokus sein. Um auf diesem Kontinent erfolgreich zu sein, braucht es große Mengen an Ressourcen und Zeit. Dies wiederum würde die Entwicklung und Adoption von Cardano in anderen Bereichen beeinträchtigen.

Die Fixierung auf Afrika verdeckt die Sicht auf einfache und pragmatische Möglichkeiten, welche schneller zu einer breiteren Akzeptanz führen könnten. Stattdessen wird dieses Ziel nun vielleicht zu spät oder gar nie erreicht, sollte eine andere, schnellere, billigere und nützlichere Blockchain die Führung übernehmen.

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Leonard Schellberg
Leonard Schellberg stieß im Jahr 2021 auf das Thema Kryptowährungen. Nachdem er sich ein fundiertes Wissen über den breiten Kryptomarkt angeeignet hatte, entwickelte er eine besondere Begeisterung für die Möglichkeiten der Distributed Ledger Technologie und Smart Contracts. Darüber hinaus hegt er ein großes Interesse für das globale Finanzsystem, Makroökonomie und Krypto-Trading. Noch während Leonard im Frühling 2022 seinen Bachelor in Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaften an der...
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