CO₂-Zertifikate können für nicht versicherte Landwirte eine gute Klimaversicherung darstellen, sagt Jan Stockhausen, Chief Legal Architect bei Etherisc.
Zwischen 2010 und 2020 starben in den gefährdeten Regionen 15-mal mehr Menschen durch Überflutungen, Dürren und Stürme als in anderen Teilen der Welt. Zu diesen Regionen gehören Teile von Afrika, Südasien und Zentral- und Südamerika.
Vor allem Kleinbauern sind durch die Umweltkatastrophen besonders gefährdet. Für diese Landwirte reicht eine einzige, lang anhaltende Dürrephase aus, um die gesamte Ernte zu vernichten und einen kleinen Betrieb in zyklische Schulden und finanzielle Instabilität zu stürzen.
Die Kombination aus Klimawandel und Armut wird für diese Gemeinschaft zur Falle. Ironischerweise ist die Landwirtschaft einer der größten CO₂-Verursacher weltweit. Viele landwirtschaftliche Praktiken, wie zum Beispiel der Reisanbau, stoßen große Mengen an Methan aus.
Eine Lösung dieses zweiseitige Problem anzugehen, ist ein Anreizsystem zu erschaffen, bei dem Kleinbauern für die Einführung klimafreundlicher Praktiken mit CO₂-Zertifikaten belohnt werden. Die Landwirte können die CO₂-Zertifikate dann zur Zahlung von Klimaversicherungsprämien nutzen. So entsteht ein Kreislauf, der das Risiko für gefährdete Landwirte mindert und gleichzeitig nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken fördert.
Versicherungen sind ein Instrument zur Risikominderung, das derzeit allerdings nur den Wohlhabenden vorbehalten ist.
Weltweit haben 3,8 Milliarden Menschen keinen Zugang zu traditionellen Versicherungen. Wenn sich ein Mensch entscheiden muss, das Geld für Essen oder zur Vorbeugung potenzieller Risiken auszugeben, ist die Entscheidung wohl klar.
Diese wirtschaftliche Ungleichheit führte zu einem Aufschwung inklusiver Versicherungen. Die Versicherungen decken die Menschen ab, die vom traditionellen Versicherungsmarkt unterversorgt sind. Inklusive Versicherungen bieten kleinen Landwirten einen Schutz vor den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels. Es gibt jedoch zwei Hindernisse, die einer breiten Akzeptanz im Weg stehen: das inhärente Misstrauen gegenüber Versicherungen und die Frage der Bezahlbarkeit.
Zum einen lassen sich viele Landwirte durch schlechte Erfahrungen mit Versicherungsanbietern von dem Abschluss einer neuen Police abhalten. Das Verfahren ist meist ineffizient, da die Abwicklung der Policen lange dauert und mit komplexen und anfechtbaren Auszahlungen verbunden ist.
Zum anderen ist die Bereitstellung einer inklusiven Versicherung teuer. Das arbeitsintensive Verwaltungsverfahren zur Prüfung von Versicherungsansprüchen in abgelegenen Farmen ist kostspielig. Kleinbauern können sich die hohen Prämien oft nicht leisten.
Dezentralisierung und Automatisierung unterstützen inklusive Versicherungen
Die Blockchain Technologie bietet eine elegante Lösung für die bürokratischen und budgetären Fallstricke des traditionellen Versicherungsmodells. Blockchain-gestützte Versicherungen beruhen auf Smart Contracts. Dabei handelt es sich um eine Kodierung, die “wenn-das-dann-das” Anweisungen ausführt. Auf diese Weise wird der Prozess des Versicherungsanspruches automatisiert, wodurch die Kosten erheblich gesenkt und die Effizienz verbessert werden kann.
Um den Vorgang zu verbildlichen, stell dir einmal folgendes Szenario vor: Ein Kleinbauer schließt eine dezentrale inklusive Versicherung ab. Während der Saison kommt es zu einer schweren, klimabedingten Dürre. Die ausbleibenden Niederschläge beeinträchtigen die Ernteerträge stark. Daten von lokalen Satelliten lösen automatisch die Smart Contract Bedingungen der Versicherungspolice aus, sobald ein Mangel an Regen gemäß den im Voraus vereinbarten Parametern erkannt wird. Anders als bei zentralen Versicherungen muss nun kein Schadensachbearbeiter den Schaden begutachten. So spart der Versicherer Kosten und der Landwirt erhält eine schnelle, faire und konkrete Schadensauszahlung.
Der autonome Charakter der Blockchain-Versicherung verbessert auch das Kundenerlebnis.
Der Landwirt muss zur Geltendmachung eines Anspruchs nicht mehr mit dem Versicherungsanbieter in Kontakt treten. Ein weiterer einzigartiger Vorteil der Technologie ist die Transparenz der Blockchain Ledger.
Dieser Aspekt der Blockchain Technologie schafft Vertrauen und stärkt die Kleinbauern durch den Zugang zu Informationen wie Wetterdaten. Landwirte haben die Möglichkeit, die Wetterdaten aktiv zu überprüfen und so das Risiko so besser zu verwalten. Darüber hinaus können mit Smart Contracts die Kosten und Fristen der Police viel stärker reduziert werden als mit herkömmlichen Technologien in diesem Bereich. Climate Finance Lab schätzt, dass mithilfe der Blockchain Technologie die Kosten für die Ausstellung einer Police um bis zu 41 % und die entsprechenden Prämienkosten um bis zu 30 % gesenkt werden können. Die Auszahlungszeiten von bisher drei Monaten würden sich auf nur eine Woche reduzieren.
CO₂-Zertifikate: Eine grüne Alternative zur Finanzierung von Versicherungsprämien
Inklusive Versicherungen auf Blockchains lösen das Problem der Effizienz, während CO₂-Zertifikate den Landwirten die Möglichkeiten bieten, sich diese Form der Versicherung zu leisten. CO₂-Zertifikate sind Zertifikate, die auf der Grundlage von Emissionsreduzierungen und CO₂-Speicherungen erstellt werden. Organisationen, die Nettoemittenten sind, können diese Zertifikate erwerben. Dadurch wird die verursachte Kohlenstoffemission ausgeglichen und das Unternehmen gilt als klimaneutral.
Die Unterstützung von Kleinbauern beim Zugang zu CO₂-Zertifikaten ist eine innovative Methode, Anreize für umweltfreundliche landwirtschaftliche Praktiken und Anbaumethoden zu schaffen. Zu diesen Praktiken gehört beispielsweise eine neue Bewässerungstaktik, die verhindert, dass sich organisches Material zersetzt und Gas freisetzt. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Saatgut, das Kohlenstoff im Boden binden kann. Es ist unwahrscheinlich, dass Landwirte angesichts der zunehmenden Klimarisiken und der Bedrohung ihrer Existenzgrundlage neue Methoden anwenden werden. Die Bereitstellung von CO₂-Zertifikaten könnte den Landwirten bei der Anwendung umweltfreundlicher Methoden mehr Sicherheit bieten.
CO₂-Zertifikate: Revolutionäre Tools zur Stärkung der Klimaresilienz
Mit diesen Maßnahmen können wir die CO₂-Zertifikate eines Kleinbauern zur Deckung der Versicherungsprämien nutzen. Damit werden auch gleichzeitig die beiden Probleme der Logistik und der Erschwinglichkeit gelöst. Das Modell ermutigt Landwirte, die Emissionen zu reduzieren und bietet ihnen gleichzeitig Schutz gegen die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernte.
Außerdem eröffnet das Modell den Kleinbauern den Zugang zu grünen Finanzmärkten. Derzeit sind Kleinbauern und der Agrarsektor im Allgemeinen dort noch sehr unterversorgt. Bei dem Modell handelt es sich um ein positives, zyklisches Belohnungssystem. Es kann ein wichtiges Instrument sein, um den Druck auf die Schwächsten zu reduzieren und gleichzeitig die Einführung einer klimafreundlicheren Landwirtschaft zu fördern.
Da sich der Klimawandel immer weiter verschärft, können es sich die am stärksten von den Auswirkungen betroffenen Menschen nicht leisten, auf eine Patentlösung oder eine schrittweise wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderung zu warten. 84 % der 570 Millionen Landwirte weltweit sind Kleinbauern. Daher ist es sinnvoll, die Unterstützung von Kleinbauern zu einer massiven globalen Angelegenheit mit weitreichenden Auswirkungen zu machen.
Über den Autor
Jan Stockhausen ist Chief Legal Architect bei Etherisc, einem dezentralisierten Open-Source Versicherungsprotokoll und Ökosystem. Ziel des Unternehmens ist es, Versicherungen fair und für jeden zugänglich zu gestalten.
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