Im Jahr 2021 ist einiges im Krypto-Space passiert – El Salvador hat Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel adoptiert, wir haben rekordverdächtige neue Allzeithochs bei vielen Kryptowährungen gesehen und China hat alle Bitcoin-Miner aus dem Land verbannt. Und das sind nur die ganz großen Highlights des Jahres.
We’re still early
Für den Krypto-Veteran Aaron Koenig war die Entscheidung El Salvadors, das ganze Land zum „Bitcoin Beach“ zu machen eines der beeindruckendsten Marktereignisse des Jahres 2021. Ganz ähnlich sieht es Alexander Hoeptner, der CEO von BitMex. Alexander erzählt:
„Dass El Salvador Bitcoin als ofizielles Zahlungsmittel akzeptiert, das ist wirklich der Beginn des Siegeszugs der Tokenisierung, der Blockchain-Technologie und von Krypto im Allgemeinen. Damit sind die Schranken bei der Nutzung gefallen und ein realistischer Use Case materialisiert sich.“
Eugene Teslov, Surf CPO, Everscale-Netzwerk, erklärt, dass der NFT-Hype für ihn durchaus eindrucksvoll war:
„Ich würde sagen, dass es im vergangenen Jahr viel um NFTs ging. Wenn weltbekannte Auktionshäuser anfangen, Jpegs zu verkaufen, dann sagt das schon etwas aus. Auch die jüngste Zusammenarbeit von Adidas mit BAYC ist ein echter Knaller. Es ist eine Tatsache, dass ein solches Engagement Millionen von ‘Normalos’ anzieht. Das On-Boarding durch NFTs bringt die Leute auf den Geschmack von Krypto, dann kommt das Staking, gefolgt von Farming und DeFi, und im nächsten Moment werden diese Leute zu Botschaftern der Dezentralisierung. Das Ziel ist erreicht!“
So wie es aussieht, hat nicht nur Bitcoin einen wichtigen Meilenstein mit tiefgreifenden Folgen für unser finanzielles System erreicht. Denn der Krypto-Space mit all seinen Nischen hat unglaubliche Entwicklungen gezeigt, die verschiedenste Wirtschaftsbereiche für immer verändern werden.
Nun können wir uns langsam fragen, ob wir aus der Phase der „Early Adoption“ in die Phase der „Early Majority“ wechseln.
Es ist die Summe der Ereignisse
Susanne Fromm, CEO von coinIX, erklärt, dass die Summe der Ereignisse auf dem Krypto-Markt beeindruckend war:
„Krypto-Technologie hat 2021 eine starke Beschleunigung bei der Nutzung und Akzeptanz erfahren und hat auch einige besondere Eigenschaften eindrücklich unter Beweis gestellt. Anfang des Jahres erlebte ich in meinen Gesprächen mit privaten und professionellen Investoren noch ein weitgehend skeptisches Sentiment gegenüber Kryptowährungen. Vorbehalte wie die Nutzung von Kryptowährungen für kriminelle Aktivitäten oder ein bevorstehendes Verbot durch Regulatoren waren noch sehr präsent. Fast ein Jahr später arbeitet nun sogar die deutsche Sparkassengruppe (50 Mio. Kunden) daran, Anlagen in Bitcoin und Ethereum anzubieten. Eine Reihe weiterer Banken, wie auch die Volks- und Raiffeisenbanken, haben ähnliche Pläne.
Die Geschwindigkeit, mit der sich Kryptowährungen als massentaugliche, ernstzunehmende Assetklasse etabliert haben, ist schon erstaunlich.
Bemerkenswert fand ich auch die Ereignisse rund um Chinas Politikwechsel gegenüber chinesischen Krypto-Minern. Auch wenn sich die Mehrheit der Hash-Power des Bitcoin-Netzwerks bis dato im Reich der Mitte befand, reagierte das Bitcoin-Netzwerk auf den Miner-Exodus wie erwartet: völlig unbeeindruckt. Durch die Dezentralität und die inhärenten Anpassungsmechanismen wurde der massive Einbruch an Rechnerleistung aufgefangen und die Hash-Rate erholte sich seitdem fast vollständig.
Und nicht zu vergessen: El Salvador. Man kann von der dortigen Einführung von Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel natürlich halten, was man möchte. Dass Kryptotechnologie, die finanzielle Inklusion massiv vorantreiben kann, konnte dort aber bereits gezeigt werden. Weniger als 30% der El Salvadorianer haben Bankkonten – eine höhere Rate hat das traditionelle Bankensystem in dem Land in all den Jahren zuvor nicht geschafft. Aber bereits innerhalb weniger Wochen nach der offiziellen Bitcoin-Einführung hatten mehr El Salvadorianer Bitcoin-Wallets als Bankkonten.“
Das Krypto-Versum ist ein Flickenteppich aus Möglichkeiten
Diese Vielfalt spiegelt sich auch in Susannes Berufsleben wider. coinIX konnte einige spannende und neue Bereiche des Krypto-Versums durch diversifizierende Investments abdecken:
„Neben einigen Investitionen im Bereich Decentralized Finance (DeFi), zum Beispiel in Sigmadex, eine dezentrale cross-chain Börse und gleichzeitig ein Liquiditätsprotokoll, konnten wir unsere Metaverse-Investitionen beispielsweise mit dem NFT-Spiel Snook und dem NFT-Marktplatz Niftify ausbauen. Mit BloXmove konnten wir außerdem zum Beispiel das Voranschreiten der Token-Ökonomie in traditionellen Branchen in unserem Portfolio abbilden. Das Unternehmen ging aus dem Daimler-Konzern hervor und verbindet Anbieter urbaner Mobilitätsdienstleistungen wie Elektroroller, Carsharing oder dem öffentlichen Nahverkehr und nutzt dafür einen eigenen Token.“
Was uns das Jahr 2022 bringen wird…
Natürlich hat niemand von uns eine zuverlässige Glaskugel für die Prognose der Zukunft zu Hause. Allerdings können wir uns an den aktuellen Trends orientieren und entsprechend vermuten, in welchen Bereichen uns das Jahr 2022 überraschen wird. Aaron Koenig erklärt, dass die Hyperbitcoinisierung zum großen Thema im Jahr 2022 werden könnte:
„Ich denke, dass das Beispiel El Salvadors viele Menschen dazu bringen wird, auf Bitcoin umzusteigen, zunächst vor allem Gastarbeiter für Auslandsüberweisungen in ihre Heimatländer. Insbesondere das Lightning Network wird dazu beitragen, dass man bald überall mit Bitcoin bezahlen kann.“
Auch Alexander Hoeptner geht davon aus, dass wir noch wesentlich mehr Adoption sehen werden:
„Das mehr und mehr Länder BTC als legal Tender akzeptieren und damit die Blockchain Infrastruktur und Kryptos das zentrale und verbindende Element der Gesellschaft werden… ok das dauert dann noch 😉 aber es werden einige Länder hinzukommen.“
Eugene Teslov sieht im Bereich von Web3 und WebFree großes Potenzial:
„Wir sind noch ziemlich früh dran. DeFi ist dabei, seine Stärke zu entwickeln, NFTs werden erst allmählich nutzbar. Und es gibt nur wenige Chains, die ein mit VISA vergleichbares TPS bieten können (ja, Everscale ist eine davon, entschuldige die Angeberei). Ich sehe diesen Prozess als Babyschritte, und der größte Schritt, den es zu machen gilt, ist, so viele Normalos wie möglich zu Blockchain-Technologien zu bekehren. Wenn sich Millionen von Menschen für die Technologie interessieren, sie verstehen und spüren, dann ist die Zeit gekommen, die Nutzung weiter voranzutreiben. Wird 2022 ein Bullen- oder ein Bärenjahr sein? Wer weiß, für mich sind beide Szenarien denkbar – das Gute am Bärenmarkt ist, dass wir mehr Zeit auf die Entwicklung verwenden können und uns nicht vom Hype ablenken lassen müssen.“
Im Jahr 2022 könnte es um Sub-Trends gehen
Und auch Susanne Fromm hat eine Vision für das Krypto-Versum 2022:
„Die Krypto-Adaption wird auch im nächsten Jahr unaufhaltsam voranschreiten. Diese wird von verschieden Sub-Trends getrieben sein, die wir heute schon sehen. Es wird z.B. immer mehr Interoperabilitäts-Lösungen zwischen den verschiedenen Blockchain-Ökosystemen geben. Und ebenso wird es auch immer mehr Lösungen geben, die das Web 2.0, dem Internet, wie die meisten es heute kennen, und dem Blockchain-basierten Web 3.0 verbinden und Elemente beider, noch recht getrennter Welten, vereinen. Die Nutzungserfahrung und Zugänglichkeit von Krypto-Applikation, von denen heute immer noch viele vorwiegend über Desktop-Computer genutzt werden, wird sich weiter verbessern. Immer mehr Projekte werden nach dem “mobile first”-Prinzip entwickelt und damit Smartphone-kompatibel- und freundlich werden. So werden Blockchain-Lösungen für immer breitere Nutzergruppen zugänglich, weil bereits heute das Internet überall mehrheitlich über mobile Endgeräte genutzt wird. In Südamerika, Afrika und Asien liegt die mobile Nutzung besonders hoch, auch weil dort viele Nutzer gar keinen Zugriff auf Desktop-Computer haben.“
Web 3.0 – die zentralisierten Plattformen könnten unter Druck geraten
Im Bereich Web 3.0 Applikationen erwartet Susanne die Weiterentwicklung des User-Experience-Standards und eine Annäherung an Web 2.0:
„Gleichzeitig entsteht mit dem dezentralen Metaverse ein ganz neues Level an Nutzererfahrung. Neben den immer mehrdimensionaleren, interaktiveren und intensiveren Erlebnissen der digitalen Welten, bietet das dezentrale Metaverse auch die Vorzüge der Blockchaintechnologie: z.B. freie Zugänglichkeit, Unvergänglichkeit und die faire Teilhabe an der Wertschöpfung. Während die Nutzer und Ersteller von Inhalten im Web 2.0 an den massiven Profiten der Internetriesen praktisch nicht teilhaben konnten und kaum Kontrolle über ihre Daten hatten, ändert sich das im dezentralen Metaverse massiv. Mit self-sovereign Identity Lösungen wird jeder über seine Daten selbst bestimmen können. Mit den fungiblen und nicht fungiblen Token, also mit “Kryptowährungen“ und NFTs, kann nun jeder einen Teil dieses neuen Internets besitzen und an dem massiven Wachstum partizipieren.
Durch dieses Wertversprechen wird das dezentrale Metaverse die Mehrheit der Nutzer gewinnen und zentralisierte Internetriesen wie Meta oder andere große Player werden massiv ihr Geschäftsmodell anpassen und offener und fairer werden müssen, wenn sie mit ihren Metaverse-Versionen langfristig erfolgreich sein wollen.
Auch wenn die Massenadaption des dezentralen Metaverse wohl noch Jahre dauern wird, denke ich, dass wir in 2022 große Fortschritte sehen werden.“
Während uns Bitcoin an Weihnachten im Jahr 2020 mit einem Bullrun und einem neuen Allzeithoch nach dem anderen überrascht hat, können wir nun auf eine solide Entwicklung in so vielen Bereichen der Krypto-Welt zurückschauen.
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