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dEURO vs. USDT: Wie Europa mit Stablecoins zurückschlagen will – Im Gespräch mit Joshua Krüger

6 Min.
Aktualisiert von Julian Brandalise
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Kurz & knapp

  • dEURO bietet als dezentraler Euro-Stablecoin eine transparente Alternative zu USDT und USDC.
  • Europas digitale Souveränität hängt von starken Stablecoin-Projekten wie dEURO und Frankencoin ab.
  • MiCAR schafft erstmals klare Regeln – jetzt liegt es an der Umsetzung und Nutzerakzeptanz.
  • promo

Willkommen bei BeInCrypto. Heute sprechen wir mit Joshua Krüger, Head of Growth der dEURO Association,  über eines der zentralen Themen im Krypto- und Finanzbereich: die Marktdominanz des US-Dollars – insbesondere durch Stablecoins wie USDT und USDC.
Wir werfen außerdem einen Blick auf mögliche europäische Alternativen, wie den dEURO und den Frankencoin, und sprechen über die geopolitischen Verschiebungen, die diese Entwicklungen immer relevanter machen.

Joshua verbindet eine klassische Bankausbildung mit langjähriger Erfahrung als Berater und Community-Manager in der Krypto-Branche. Er vereint tiefes Finanz- und Marktwissen mit praxisnaher Expertise im Aufbau und Wachstum digitaler Ökosysteme.


Interview-Fragen

Block 1: Status Quo – Warum dominiert der Dollar im Stablecoin-Markt?

Joshua, lass uns direkt einsteigen: Warum ist der US-Dollar heute so dominant im Stablecoin-Markt – sowohl technologisch als auch geopolitisch?

Die Dominanz des US-Dollars im Stablecoin-Sektor hat mehrere Gründe. Einerseits war Tether (USDT) der erste große Stablecoin am Markt und konnte über die Jahre einen enormen Netzwerkeffekt aufbauen. Andererseits war der US-Dollar über Jahrzehnte hinweg unangefochtene Leitwährung der Weltwirtschaft – sowohl im Handel als auch in der Finanzindustrie. Lange gab es schlicht keinen dringenden Bedarf, Alternativen aufzubauen.

Das ändert sich allerdings zunehmend: Wir sehen erste dedollarisierende Tendenzen, nicht zuletzt durch geopolitische Verschiebungen und das wachsende Interesse, mehr Transaktionen in eigenen Währungen abzuwickeln. Genau hier setzt beispielsweise der dEURO an, denn er bietet eine dezentrale, eurobasierte Alternative.

Welche Rolle spielen USDT und USDC im heutigen Krypto-Ökosystem, insbesondere im Vergleich zu Euro-basierten Stablecoins?

Joshua: USDT und USDC sind nach wie vor die Marktführer – sowohl was Marktanteil als auch Liquidität betrifft. Sie sind im globalen DeFi-Markt praktisch unverzichtbar, und die politische wie regulatorische Unterstützung in den USA stärkt ihre Position zusätzlich.

Allerdings sehen wir in Europa eine spannende Entwicklung: Stablecoins dienen längst nicht mehr nur als Wertspeicher oder Brücke zwischen Fiat- und Kryptomarkt. Immer mehr Use Cases rücken ins Zentrum – etwa direkte Zahlungen. So kann man heute in der Schweiz bereits in über 50 SPAR-Filialen mit dEURO via Open CryptoPay an der Kasse bezahlen. Solche Anwendungen werden helfen, das Kräfteverhältnis langfristig zu verschieben.

Glaubst du, dass diese Dollar-Dominanz langfristig stabil bleibt – oder ist sie eher ein historisches „First Mover Advantage“?

Joshua: Es ist beides: Die Dominanz des Dollars in Stablecoins resultiert einerseits aus seinem Status als Weltreservewährung, andererseits ganz klar aus einem First-Mover-Advantage. Solange die USA ihre wirtschaftliche Vormachtstellung halten, wird auch der Dollar in digitalen Assets dominant bleiben. Dennoch gehe ich fest davon aus, dass Euro-Stablecoins wie der dEURO künftig deutlich stärker vertreten sein werden – allein schon, weil in der Eurozone 349 Millionen Menschen leben und der Bedarf nach lokalen, transparenten Lösungen steigt.

Block 2: Europa hinkt hinterher – Warum eigentlich?

Inwiefern ist das Fehlen eines starken Euro-Stablecoins ein Risiko für den europäischen Kryptosektor? 

Joshua: Es ist vor allem ein Risiko für Europas digitale Souveränität. Wenn fast alle dezentralen Finanzanwendungen über Dollar-Stablecoins laufen, sind europäische Nutzer und Unternehmen indirekt immer an die US-Finanzpolitik und deren Regulierungen gebunden. Ein starker Euro-Stablecoin ist daher entscheidend, um unabhängiger zu werden und europäischen Raum für Innovation zu schaffen.

Was sind die größten regulatorischen oder infrastrukturellen Hürden, die europäische Stablecoin-Projekte bislang ausbremsen?

Joshua: Bis vor Kurzem fehlte in der EU ein klarer, einheitlicher Regulierungsrahmen. Jedes Land hatte eigene Vorstellungen, was Projekte enorm verkompliziert hat. Mit MiCAR ändert sich das jetzt: Erstmals gibt es verbindliche Regeln für eine Vielzahl von Stablecoins und Krypto-Assets in ganz Europa. Das schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern gibt Projekten wie dEURO Rückenwind, um gezielt zu wachsen.

Was müsste passieren, damit der dEURO und ähnliche Projekte im globalen Markt relevant werden? 

Joshua: Wir haben beim dEURO bereits einen wichtigen Meilenstein erreicht: Im Bereich Savings sind wir Marktführer unter den Euro-Stablecoins. Solche Alleinstellungsmerkmale, kombiniert mit einer hohen Nutzerfreundlichkeit und weiteren Akzeptanzstellen, werden entscheidend sein. Gleichzeitig würde eine anhaltende Schwächung der Dollar-Dominanz – zum Beispiel durch geopolitische Verschiebungen – unsere Position natürlich zusätzlich stärken.

Block 3: Der dEURO – Eine echte Alternative?

Was unterscheidet den dEURO konkret von anderen Euro-Stablecoin-Projekten?

Joshua: Der größte Unterschied ist die echte Dezentralität. Während viele Euro-Stablecoins zentral verwaltet werden, ist der dEURO so aufgebaut, dass er vollständig on-chain gesteuert wird – ohne zentrale Instanz. Das ermöglicht uns unter anderem, bis zu zehn Prozent Zinsen auf das Saving anzubieten, ohne regulatorisch mit MiCAR zu kollidieren. Zudem können Nutzer selbst jederzeit in den Code und die Reserven blicken. Diese Transparenz schafft Vertrauen.

Welche konkreten Use Cases seht ihr aktuell für den dEURO – jenseits von Spekulation oder Trading?

Joshua: Ein wichtiger Baustein ist, wie erwähnt, der Zahlungsverkehr: In der Schweiz kann man bereits im Einzelhandel direkt mit dEURO zahlen. Außerdem nutzen immer mehr Anleger dEURO als Sparinstrument, um von attraktiven Zinsen zu profitieren, ohne ihr Vermögen in hochvolatile Assets legen zu müssen. Und nicht zuletzt eröffnen wir über das Lending-Modul die Möglichkeit, Kredite bis zu 30 % des hinterlegten Krypto-Collaterals aufzunehmen – komplett dezentral, ohne Bank.

Wie begegnet ihr dem Misstrauen vieler Nutzer gegenüber Stablecoin-Projekten nach den Skandalen der letzten Jahre?

Joshua: Das ist eine zentrale Frage. Beim dEURO legen wir enormen Wert auf Transparenz: Jeder Nutzer kann jederzeit on-chain nachvollziehen, wie hoch die Reserven sind. Durch die Übersicherung und die Absicherung über einen Reservefonds wird selbst bei Marktschwankungen ein hoher Schutz geboten. Sollte es tatsächlich einmal zu größeren Marktverwerfungen kommen, greifen Mechanismen, die zunächst Collateral und Reservefonds heranziehen, bevor Governance-Token-Inhaber und nur im absoluten Extremfall auch Stablecoin-Nutzer selbst einen Beitrag leisten müssen. Diese Struktur ist robust und wurde auf Basis von Game-Theory-Ansätzen entwickelt.

Block 4: Geopolitik, Fragmentierung – und der Frankencoin

Inwiefern verändern aktuelle geopolitische Entwicklungen (z. B. dedollarisierende Tendenzen) die Stablecoin-Landschaft?

Joshua: Solche Trends wirken sich klar positiv auf Euro-Stablecoins aus. Je mehr das Vertrauen in die Alleinherrschaft des Dollars erodiert, desto stärker rücken Alternativen in den Fokus. Sollte sich das wirtschaftliche Gleichgewicht weiter in Richtung Europa verschieben, wird das direkt den Boden für Projekte wie den dEURO bereiten.

Was denkst du über den Frankencoin? Ist die Schweiz mit einem CHF-Stablecoin besser aufgestellt als die EU?

Joshua: Der Frankencoin war sozusagen das Mutterprotokoll des dEURO und hat gezeigt, wie stabil und effizient ein solcher Ansatz sein kann. Wir haben auf dieser Basis den dEURO entwickelt und spezifisch für den Euro-Raum optimiert. Ich würde aber nicht sagen, dass damit jemand „besser“ aufgestellt ist – wir stehen in Europa insgesamt noch am Anfang. Viel wichtiger ist, dass solche Projekte miteinander vernetzt sind und voneinander lernen.

Könnte ein Netzwerk europäischer Stablecoins – wie dEURO und Frankencoin gemeinsam – eine glaubwürdige Alternative zur USD-Dominanz darstellen?

    Joshua: Absolut. Letztlich hängt alles an der Nutzerakzeptanz. Wenn wir es schaffen, im Euro- und Frankenraum ausreichend Vertrauen aufzubauen und Stablecoins im Alltag zu verankern, sind wir bereits jetzt eine solide Alternative zu USDT & Co. Unsere dezentrale, zensurresistente Architektur gibt uns dafür ein starkes Fundament.

    Block 5: Zukunftsausblick & Vision

    Wo siehst du den dEURO in 2–3 Jahren? Was sind eure größten Meilensteine?

    Joshua: Unser Ziel ist klar: Wir wollen einer der führenden Euro-Stablecoins sein, sowohl im Hinblick auf Marktanteil als auch Liquidität. Dabei geht es nicht nur darum, eine Alternative zu USD-Stablecoins zu bieten, sondern auch ein unverzichtbarer Baustein für DeFi-Anwendungen im Euro-Raum zu werden – vom Sparen über Lending bis hin zu Zahlungen. Dafür arbeiten wir eng mit Börsen, DeFi-Protokollen und traditionellen Playern zusammen, um das Ökosystem stetig auszubauen.

    Welche Rolle könnte Europa als Ganzes im globalen Stablecoin-Ökosystem spielen – wenn die Voraussetzungen stimmen?

    Joshua: Vorschlag: Mit regulatorischer Klarheit, wie wir sie jetzt durch MiCAR zunehmend bekommen, und einer starken technologischen Basis kann Europa zu einem führenden Zentrum für Stablecoins werden. Das würde nicht nur den internationalen Zahlungsverkehr vereinfachen, sondern auch Innovationen im Bereich DeFi massiv unterstützen.

    Und zuletzt: Was wünschst du dir persönlich für die Zukunft des digitalen Euros – sei es staatlich oder dezentral?

    Joshua: Für mich persönlich ist ganz klar, dass Stablecoins die Zukunft des Geldes sind. Nur zum Vergleich: Heute dauert eine Überweisung von einer Million Euro noch Tage – auf der Blockchain ist das Geld in Sekunden unterwegs. Aus meiner Sicht ist es daher sehr wichtig, dass diese neuen Systeme dezentral und transparent sein sollten – also nicht zensierbar und für alle zugänglich. Mit dem dEURO wollen wir genau das vorleben und zeigen, dass es auch ohne zentrale Eingriffe funktioniert.

    Schluss

    Vielen Dank, Joshua, für deine spannenden Einblicke – und vor allem für die klare Einordnung eines Themas, das oft technisch oder geopolitisch sehr abstrakt bleibt.

    Wir sind gespannt, wie sich der dEURO, der Frankencoin und andere europäische Initiativen in den kommenden Monaten entwickeln. Und wir hoffen natürlich auf ein baldiges Wiedersehen.

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    Julian Brandalise absolvierte 2009 sein Bachelorstudium in Betriebswirtschaftslehre an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Sein ausgeprägtes Interesse an Blockchain und Kryptowährungen führte ihn ab 2014 zu Blockchain-Programmierkursen bei Udacity, mit einem Schwerpunkt auf Solidity. Von 2020 bis 2022 war er als Social Media Manager für den deutschen Bereich bei BeInCrypto tätig und beteiligte sich auch an verschiedenen NFT- und DAO-Projekten. Aktuell leitet er das deutschsprachige...
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