Aktuell führen die Europäischen Zentralbank (EZB) und mehrere EU-Regierungen harte Diskussionen. Zentraler Punkt dabei ist die Kontrolle über den digitalen Euro.
Frankreich, Deutschland und andere einflussreiche Staaten befürchten, dass die EZB zu viel Macht über die Geldmenge erhält, die Bürger in digitalen Zentralbank-Wallets halten dürfen.
Digitaler Euro: Finanzielle Freiheit oder Systemrisiko?
Die EZB hat in den letzten Jahren den digitalen Euro entwickelt, um eine europäische Alternative zu US-Zahlungsanbietern wie Visa und Mastercard zu schaffen. Doch die EU-Regierungen sehen die zunehmende Autorität der EZB kritisch und fordern mehr Einfluss auf die Gestaltung des digitalen Euro.
Wie aus einem Politico Artikel hervorgeht, steht im Kern des Konflikts die Frage, wie viel digitales Geld Bürger in zentralbankgestützten Wallets aufbewahren dürfen. Ein zu hohes Limit könnte Bürger dazu verleiten, große Beträge aus traditionellen Banken abzuziehen, insbesondere in Krisenzeiten.
Einigen Diplomaten zufolge könnte ein solches ein Szenario das gesamte Finanzsystem destabilisieren. Doch obgleich die EZB diese Sorgen bereits vergangenes Jahr adressierte, herrscht weiterhin Unsicherheit über die Machtverteilung.
Einige Politiker befürchteten zudem, dass Einschränkungen des Wallet-Limits die finanzielle Freiheit der Bürger gefährden könnten und ein “Big Brother”-Szenario schaffen würden.
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Machtbalance zwischen Politik und EZB
Seit die EZB vor 30 Jahren zur obersten Währungsbehörde der Eurozone aufstieg, gab es immer wieder Spannungen zwischen der Politik und der Zentralbank. Der aktuelle Konflikt führte zu einer Neuüberprüfung der Machtverteilung.
Frankreich und Deutschland gehörten zu den Staaten, die entschieden protestierten und ihre “politische Oberhoheit” geltend machten. Ihrer Ansicht nach handelte es sich beim digitalen Euro um ein weitaus größeres Thema als nur ein monetäres Werkzeug: Es sei ein Element, das alltägliche Zahlungen in Europa nachhaltig verändern könne.
Die EZB verteidigte ihr Vorgehen mit dem Argument, dass sie als einzige Institution in der Eurozone das Geldangebot regulieren dürfe. In Brüssel jedoch sahen Politiker die Gefahr einer technokratischen Kontrolle. Ein Brüsseler Diplomat, der anonym bleiben wollte, bemerkte dazu:
„Man kann etwas im Elfenbeinturm schaffen, aber wird es tatsächlich im Markt angenommen?“
Die EU-Verträge räumen der EZB zwar weitgehende Rechte bei der Währungsregulierung ein, doch die Kontrolle über Bankenaufsicht und Zahlungsdienste ist stärker durch politische Instanzen geregelt.
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Für einige Staaten stand fest, dass die Entscheidung über die Höhe des digitalen Guthabens bei den politischen Vertretern der Bürger liegen müsse und nicht allein in den Händen der EZB. Ein möglicher Kompromiss sah vor, dass die EZB zwar die Obergrenzen festlegt, jedoch innerhalb von Rahmenbedingungen, die durch den Gesetzgeber festgelegt würden. Doch ob dieser Kompromiss die grundsätzlichen Sorgen wirklich löst, bleibt fraglich.
Der digitale Euro, ursprünglich als Schutz gegen die Dominanz von US-Tech-Konzernen konzipiert, entwickelte sich zum Streitpunkt zwischen demokratischer Kontrolle und technokratischer Macht. Die EZB pochte darauf, dass die Wahrung der Finanzstabilität zu ihren Hauptaufgaben gehöre, doch die Mitgliedstaaten befürchteten den Verlust von Kontrolle über ihr eigenes Finanzsystem. Die Diskussion wird anhalten und zeigen, ob die EU den Balanceakt zwischen gemeinsamer Währungspolitik und nationaler Souveränität schafft.
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