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Krypto vs. SEC: Kann die US-Börsenaufsicht den Sektor zerstören?

6 min
Aktualisiert von Julian Brandalise
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IN KÜRZE

  • Die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) beaufsichtigt und reguliert die Wertpapierbranche.
  • Seit der Entstehung des Kryptosektors strebt die US-Behörde nach strengen Regulierungen.
  • Doch es scheint, als überspanne die Kommission um Gary Gensler den Bogen.
  • promo

Wie ein Platzregen prasseln die Anklagen seitens der SEC auf den Kryptosektor ein – ist der Sektor in Gefahr?

Sowohl Krypto-Unternehmen als auch deren Nutzer und Investoren stellen sich inzwischen grundlegende Fragen: Wie weit reicht der Einflussbereich der US-Kommission? Kann die Behörde über die Existenz einer ganzen Bewegung entscheiden? Bislang trat die SEC jedenfalls aus jedem Rechtsstreit gegen Krypto-Unternehmen als Sieger hervor. Mit zum Teil verheerenden Folgen für die einzelnen Dienstleister, deren Investoren und den gesamten Sektor.

Kann ein solches Schlachtfeld das Ziel einer US-Behörde sein?

Krypto-Unternehmen vor Gericht: Der Fall Ripple (XRP)

Nicht nur die XRP-Investoren verfolgen den laufenden Rechtsstreit zwischen Ripple und der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC mit Argusaugen. Auch das weiße Haus bezieht Stellung zum scheinbar endlos andauernden Fall. Demnach zielt die amerikanische Regierung darauf ab, jedes Risiko zu erkennen und zu eliminieren, das von dem alternativen Finanzsystem ausgeht. Um dies zu erreichen, so heißt es in einem Statement, setzt die Administration alle zur Verfügung stehenden Behörden ein. Der Crypto Law Gründer und Ripple-Befürworter John Deaton warnte daher schon Ende Januar vor dem letzten und aggressivsten Vorstoß zur Abschaltung von Krypto.

Bereits im Dezember 2020 verklagte die US-Börsenaufsicht Ripple unter dem Vorwurf, die eigene Kryptowährung XRP im Wert von rund 1,4 Milliarden US-Dollar als nichtregistriertes Wertpapier verkauft zu haben. Das Unternehmen hingegen behauptet, der hauseigene Token sei kein Wertpapier, da er die Anforderungen des Howey-Tests nicht erfülle.

Der Howey-Test

Die US-Amerikanische Wertpapieraufsicht leitete in der Vergangenheit mehrere Verfahren gegen Blockchain-Projekte ein, die ein “Initial Coin Offering” (ICO) durchführten. Ein ICO, auch Token Sale, ist eine blockchainbasierte Form der Finanzierung von Unternehmen durch Crowdfunding.

Laut der SEC handelte es sich bei diesen ICOs um ungenehmigte Verkäufe von Wertpapieren (engl. “Securities”). Um herauszufinden, ob es sich bei einem Finanzinstrument ein Wertpapier darstellt, bedient sich die Aufsichtsbehörde des sogenannten Howey-Tests. Es handelt sich dabei um ein Wertpapier, wenn alle der folgenden Punkte erfüllt sind:

  • Es wird ein finanzielles Investment in der Erwartung von Profiten getätigt
  • Der Begünstigte ist ein wirtschaftlich tätiges Unternehmen
  • Die Investoren profitieren von den Anstrengungen einer dritten Partei

Ist dies der Fall, so unterliegt das Wertpapier der Aufsicht der Behörde. Sowohl US-Amerikanische Unternehmen als auch ausländische Unternehmen, die Wertpapiere in den USA verkaufen wollen, müssen sich somit bei der Finanzaufsicht registrieren.

Einige Unklarheit besteht darin, wie die einzelnen Punkte des Howey-Tests auf kryptografische Tokens anzuwenden sind. Die SEC hat bereits klargestellt, dass sich bei Blockchain-Projekten in aller Regel um Unternehmen handelt. Weiterhin stellt auch eine Bezahlung in Form von Kryptowährung zur Teilnahme an einem ICO ein finanzielles Investment dar. Dieser Punkt kann darüber hinaus schon durch Bounties oder Airdrops erfüllt sein.  

Der Angriff gegen Stablecoins

Durch den Howey-Test ergibt sich eine Besonderheit in Bezug auf Stablecoins. Bislang waren diese in den USA von der Regulierung durch die SEC befreit, da Stablecoins nicht in Erwartung eines Profits gekauft werden. Bei der Beurteilung, ob es sich bei einem Token um ein Wertpapier handelt, dreht es sich sehr häufig um die Frage, ob die Investoren einen Profit durch die Anstrengungen Anderer erwarten. Ist dies nicht der Fall, so wird der Token als Utility Token eingestuft – also Krypto-Token, die Zugriff auf bestimmte Dienstleistungen oder Produkte erlauben, ähnlich einer Eintrittskarte oder eines digitalen Gutscheins.

Doch kürzlich geriet der von Paxos ausgegebene Binance USD (BUSD) in die Schussbahn von Gary Gensler, dem Vorsitzenden der SEC. Laut Ansicht der Aufsichtsbehörde stellt der mit 16 Milliarden Einheiten drittgrößte Stablecoin nach Tether- und Circle-Dollar ein unregistriertes Wertpapier dar. Dabei stützt sich Gensler auf seine Aussage Ende 2021, in der er verlauten ließ, dass Stablecoins so etwas wie Bankeinalgen oder Geldmarktfonds seien.

Als die ersten Nachrichten über die Anschuldigungen am 13. Februar an die Öffentlichkeit drangen, reagierte der Kurs des Binance Tokens (BNB) sofort. Inzwischen beendete Paxos seine Kooperation mit Binance offiziell und stellt die Ausgabe von BUSD ein. Grund dafür sind angeblich Abweichung zwischen den strategischen Prioritäten des Stablecoin Emittenten und Binance. Doch auch die Anschuldigungen der SEC, BUSD sei ein nicht registriertes Wertpapier, spielte bei dieser Entscheidung wohl eine Rolle.

Kritik aus den eigenen Reihen und vom Circle CEO

In einem Interview mit Frank Chapparro meldete sich die SEC-Komissarin Hester Pierce zu Wort und zeigte sich nicht einverstanden mit dem Vorgehen gegen die Kryptoakteure. Statt nachträglicher Verfolgung und medienwirksamer Anklagen schlägt sie einen Registrierungsprozess mit den Wertpapiergesetzen entsprechenden Kriterien vor. Damit verfolgt die Behörde aus Pierce Sicht ihr Ziel, die Anleger zu schützen, auf eine angemessenere Art und Weise.

Hester Pierce
SEC-Kommissarin Hester Peirce, ein Bild von CNBC

“Das ist ein viel besserer Weg, als im Nachhinein mit einer Durchsetzungsmaßnahme aufzuwarten. Wenn es bei Anlegerprogrammen lediglich darum geht, diese abzuschalten, damit einer bestimmten Bevölkerungsgruppe der Zugang verwehrt bleibt, ist das eine sehr einfallslose Form des Anlegerschutzes.”

Hester Pierce

Und auch der Circle CEO, Jeremy Allaire, übt Kritik am Vorgehen der SEC gegen Stablecoin-Anbieter. Aus seiner Sicht ist die SEC für derartige Entscheidungen nicht befugt.

Jeremy Allaire
Circle-CEO Jeremy Allaire, ein Bild von Twitter

„Ich glaube nicht, dass die SEC die Regulierungsbehörde für Stablecoins ist. Es gibt einen Grund, warum die Regierung überall auf der Welt, einschließlich der USA, ausdrücklich sagt, dass Zahlungs-Stablecoins ein Zahlungssystem und eine Tätigkeit der Bankenaufsicht sind.“

Jeremy Allaire im Interview

Demzufolge sollte laut dem Circle-CEO die Bankenaufsicht als zuständige Regulierungsbehörde die Aufsicht über Stablecoins übernehmen.

Staking-Verbot in den USA

Als sorgten die spürbaren Nadelstiche nicht für genug Wirbel, setzt Gary Gensler den harten Kurs gegen den Kryptosektor fort: Denn auch Staking-as-a-Service-Programme zählen seiner Ansicht nach zu den Wertpapieren (Securities). Entsprechend müssten Anbieter ihre Nutzer entsprechend informieren und eine Registrierung vornehmen, bevor sie solche Dienste anbieten.

Die bekannte Kryptobörse Kraken versäumte diese offiziellen Schritte und geriet in den Fokus der Aufsichtsbehörde. Ende vom Lied: Kraken stellt die Staking-Dienste ein und zahlt eine Strafe in Höhe von 30 Millionen US-Dollar! Die Reaktion des CEOs Jesse Powell zeigt, dass er seinen Humor unterdessen nicht verloren hat. Einem Tweet zufolge hätte er der Strafe also durch die Einbindung eines Formulars und einer Nutzerinformation auf der Website entgehen können – “so dumm sehe ich also aus. Mist.”

Doch damit nicht genug. Der Vorstoß gegen Kraken war eher so etwas wie ein erstes Antasten. Denn Staking sieht ähnlich aus wie die klassische Kreditvergabe, behauptete Gensler schon vor längerer Zeit. Die SEC erhob bereits zuvor Anklagen gegen Kreditunternehmen, wie beispielsweise gegen den inzwischen bankrotten Kreditgeber BlockFi. Es deutete sich bereits über die letzten Wochen an, dass die SEC möglicherweise ein Staking-Verbot in den USA beschließen wolle. 

Anfang Februar führte die US-Finanzaufsicht eine Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch. Kurz darauf veröffentlichte sie die Anklagepunkte gegen Kraken. Die Abstimmung erfolgte einen Tag nach einem Tweet von Coinbase-CEO Brian Armstrong, in dem er das Staking-Verbot strikt abgelehnt hatte.

Gestern kündigte Coinbase dann eine eigene Layer-2 (L2) Lösung namens Base an. Damit knüpft sich die Kryptobörse an die Ethereum Blockchain und bietet ihren 110 Millionen Nutzern zukünftig direkten Zugriff auf die dezentralen Finanzdienstleistungen des ETH-Netzwerks. Diesen Schritt legen viele Krypto Experten als Reaktion auf das aggressive Regulierungsverhalten der SEC aus. Nun bleibt zu hoffen, dass sich die US-Finanzaufsicht nicht dazu aufgerufen fühlt, erstmals Regulierungen auf Protokollebene auszurufen.

Wie weit reicht der Arm der SEC?

Um einzuordnen, was die Aufsicht kann und darf, betrachten wir die US-Aufsichtsbehörde etwas genauer: Die U.S. Securities and Exchange Commission ist eine Regierungsbehörde, die für die Regulierung und Beaufsichtigung der Wertpapierbranche zuständig ist, einschließlich Wertpapierbörsen, Brokern, Händlern, Anlageberatern und Aktiengesellschaften. Die SEC wurde 1934 durch den Securities Exchange Act gegründet, der nach dem Börsencrash von 1929 und der anschließenden Weltwirtschaftskrise erlassen wurde.

Die Hauptziele der Aktivitäten der Aufsichtsbehörde sind der Schutz der Anleger, die Gewährleistung fairer und transparenter Märkte und die Förderung der Kapitalbildung. Diese Ziele erreicht die SEC durch eine Vielzahl von Aktivitäten.

Insgesamt ist es Aufgabe der Börsenaufsicht, Anleger zu schützen und die Integrität der Wertpapiermärkte zu gewährleisten, mit dem ultimativen Ziel, die effiziente Kapitalallokation zu fördern und zur Stabilität und zum Wachstum der US-Wirtschaft beizutragen. In einem Interview erklärte Gensler, man könne in den USA fast jedes Investmentprodukt anbieten, wenn man die Risiken fair und wahrhaftig offenlege. Das sei “unser grundsätzlicher Kompromiss”.

Inwieweit kann die SEC dem Kryptosektor gefährlich werden?

Die SEC kann eine erhebliche Bedrohung für den Kryptosektor darstellen, wenn sie feststellt, dass bestimmte Kryptowährungen oder kryptobezogene Aktivitäten in ihren Regulierungsbereich fallen. Dies liegt daran, dass die SEC befugt ist, Wertpapiergesetze und -vorschriften durchzusetzen, und ihre Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Kryptoindustrie haben können.

Insgesamt hängt das Ausmaß, in dem die SEC eine Bedrohung für den Kryptosektor darstellt, von den spezifischen Aktivitäten und Vermögenswerten ab, die sie reguliert. Während die Maßnahmen der Börsenaufsicht sicherlich zu Unsicherheit und Störungen für Kryptounternehmen führen können, können sie auch dazu beitragen, mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Branche zu fördern.

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