Auf den Konkurs dreier Krypto-naher Banken reagierten die Bitcoin Enthusiasten mit Spott, schließlich sind traditionelle Geldinstitute in ihren Augen oftmals die Wurzel allen Übels. Aber könnten wir so einfach auf Banken verzichten?
Das traditionelle Banksystem durch ein neues, dezentrales zu ersetzen ist ein weit verbreiteter Traum unter Kryptobegeisterten. Demnach solle es keine dritte, zentrale Instanz, wie Banken oder andere Kreditinstitute mehr geben. Stattdessen könne Blockchain als dezentrales, sich selbst verwaltendes und Betrugs-resistentes System zum Einsatz kommen. Kurz um: Krypto diene als Lösung all der Probleme unseres Finanzsystems.
Zu diesen Problemen gehört zum einen das Fraktionale Reserve-System, zum anderen stellt aber auch die Vertrauensfrage. Denn unser aktuelles System basiert auf einem Vertrauen der Kunden gegenüber den Banken. Dies gilt nicht nur für die Abwicklung von Transaktionen, wir geben die gesamte Kontrolle über unsere Mittel in die Hände einer Instanz.
Wohin ein solches System führen könne, das zeige der Fall der Silicon Valley Bank (SVB) – so ist es vielen Tweets zu lesen.
Traditionelle Banken und das Versprechen von Bitcoin
Mit der Finanzkrise im Jahr 2008 wurde die Kritik an unserem zentralisierten Bankensystem lauter. Aus der damaligen Situation heraus entstand Bitcoin, mit dem Versprechen, eine Lösung für all diese Probleme zu bieten. Aber tut er das? Oder handelt es sich bei der Vision der Kryptoenthusiasten nur um eine Utopie?
Würde Bitcoin als System einmal etabliert, wären Banken tatsächlich nicht mehr nötig. Eine Wallet App oder eine Hardware Wallet würden vollkommen ausreichen. Die Nutzer könnten Geld in Echtzeit und zu jeder Tageszeit über die ganze Welt versenden, ohne dabei auf die Hilfe einer weiteren Institution angewiesen zu sein.
Um dies allerdings zu ermöglichen, gilt es noch einige Hindernisse zu überwinden. Selbst in den Augen vieler Bitcoin Enthusiasten löst die Kryptowährung nicht alle Probleme.
Die Grenzen von Bitcoin
Vor allem bei der Umsetzung eines solchen Systems ergeben einige Schwierigkeiten. So dreht sich unser Alltag noch immer um Fiatwährungen: Wir bekommen unsere Gehälter, zahlen unsere Steuern und messen selbst den Wert von Bitcoin in traditionellen Währungen, bevorzugt US- Dollar.
Darüber hinaus fehlt eine etablierte Infrastruktur, um unkompliziert per Hardware Wallet zu zahlen. Auch für elektronische Wallets, wie Metamask, gibt es kaum Verwendungsmöglichkeiten. Abgesehen davon ist die Nutzung dieser Wallets dermaßen kompliziert, dass selbst ein Großteil der Kryptonutzer Überweisungen bevorzugt über zentralisierte Börsen abwickelt – also die traditionelle Technologie nutzt.
Als logische Konsequenz daraus folgt eine erneute Machtkonzentration, diesmal allerdings in den Händen der großen zentralisierten Kryptobörsen. Diese sind jedoch genauso anfällig für Bank Runs wie traditionelle Geldinstitute, das wurde uns im vergangenen Jahr mehrmals bewiesen – zuletzt durch den Niedergang von FTX.
Braucht Krypto das Fiatsystem?
Der Zuspruch, den Krypto heute erfährt, ergibt sich hauptsächlich aus Gründen fernab von der Idee, das Finanzsystem zu revolutionieren. Die digitalen Vermögenswerte ziehen neue Anleger eher aufgrund des hohen Gewinnversprechens an. Dadurch wurden Bitcoin und Co. immer mehr Gegenstand hochspekulativer Investitionen. Wie der Markt zeigt, geht Spekulation oftmals Hand in Hand mit Volatilität, was einen solchen Vermögenswert zu einem denkbar schlechten Zahlungsmittel im Alltag macht.
Mit dem SVB Crash stürzte BTC um etwa 20 %, stieg allein seit letzter Woche wieder um 40 % an und niemand weiß, wo der Kurs in einem Jahr stehen wird. Mit einer solchen Währung wäre es der Wirtschaft also kaum möglich, richtig zu kalkulieren.
Um die eigenen Mittel abzusichern, verwenden Kryptoinvestoren üblicherweise Stablecoins. Mithilfe entsprechender Fiatreserven halten diese Token ihren Wert im Verhältnis 1:1 gegenüber einer bestimmten Fiatwährung. Dadurch entgehen diese Coins der für Krypto üblichen Volatilität. Für Bärenmärkte mag das zwar eine äußerst praktische Innovation sein, jedoch ist diese Lösung an das traditionelle Bankensystem gekoppelt und daher wohl kaum im Sinne der Grundidee von Krypto.
So sicherte die SVB beispielsweise den Stablecoin USDC des Unternehmens Circle ab. Der Zusammenbruch dieser Bank sorgte dafür, dass die Parität zwischen Stablecoin und US-Dollar kurzzeitig starke Abweichungen aufwies. Auch hier ist also der signifikante Einfluss des traditionellen Finanzsystems nicht von der Hand zu weisen.
Dies sind nur einige Beispiele für das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Krypto und Fiat. Dennoch wird eines deutlich: Aktuell bleibt Krypto immer noch ein Konzept, dessen Gerüst großenteils von TradFi (traditionelle Finanzen) gestützt wird. Um wirklich an Bedeutung zu gewinnen, ist es weiterhin auf die Mittel großer Akteure des etablierten Finanzsystems angewiesen. Diese Mittel unterliegen jedoch den Schwächen des traditionellen Systems. Die Stabilität des dezentralen Finanzsystems ist daher weiterhin stark an TradFi gebunden und keineswegs unabhängig.
Zu guter Letzt sind zentralisierte, kryptoaffine Geldinstitute unerlässlich, da sie finanzielle Mittel in den Kryptomarkt schleusen. Banken, wie Signature Bank, Silvergate, oder SVB, sind für die Branche daher von fundamentaler Bedeutung. Ohne sie würde kaum Geld in diesem Sektor fließen.
Das große Dilemma
Auf der anderen Seite wächst mit einer steigenden Anzahl großer Finanzakteure im Space auch die Gefahr der Zentralisierung. Die Krypto Branche steht also vor einem Dilemma, denn obgleich die Banken doch für alle Probleme verantwortlich gemacht werden, so scheint eine Zusammenarbeit mit ihnen doch unverzichtbar.
Hierfür eine Lösung zu finden, stellt wohl eine der größten Herausforderungen dar.
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