Die Entwicklung von Ethereum 2.0 geht in die heiße Phase. Zwar steht noch kein genaues Datum fest, aber Phase 0 des mehrstufigen Rollouts von Ethereum 2.0 soll noch in diesem Jahr live gehen.
Während Ethereum 1.0 als eine einzelne Blockchain unter dem Proof of Work Konsensalgorithmus arbeitet, wurde Ethereum 2.0 als Multi-Chain Netzwerk von parallel laufenden Proof of Stake Blockchains, Shards genannt, erdacht. Die bisherige Ethereum 1.0 Blockchain soll dabei als eine von 64 Shards in dieses Netzwerk integriert werden.
Dies dürfte allerdings zu einem unübersehbaren Chaos führen. Die Frage, wie genau die alte Blockchain in das neue Netzwerk integriert werden soll, speziell ob es einen neuen Token für Ethereum 2.0 geben wird, ist nicht abschließend geklärt.
Rollout in drei(einhalb) Phasen
Wie ConsenSys, einem Entwicklungsunternehmen, welches maßgeblich an der Entwicklung der Ethereum-Infrastruktur beteiligt ist, mitteilt, ist der Launch von Ethereum 2.0 in drei Phasen geplant. Phase 0 soll noch in diesem Jahr an den Start gehen. Diese initiiert die “Beacon Chain”, welche das Proof of Stake Protokoll implementiert. In Phase 1, welche für 2021 geplant ist sollen zusätzlich 64 Shard Chains dazukommen. Mit Phase 2, welche entweder 2021 oder 2022 live gehen soll, wird der Übergang abgeschlossen sein. Damit wird auch der Proof of Work Konsensmechanismus endgültig abgeschaltet. Zwischen den Phasen 1 und 2 soll schließlich die Übernahme von Ethereum 1.0 erfolgen. Inoffiziell bezeichnen einige diesen Schritt als “Phase 1.5”.“ETH2” kein richtiger Token
Mit dem Start der Beacon Chain (Phase 0) wird das Staking für Ethereum 2.0 aktiviert. Besitzer von Ether Tokens, die am Staking mitwirken wollen, müssen dazu mindestens 32 ETH in einen Smart Contract einzahlen, die ihnen auf der Beacon Chain gutgeschrieben werden. Durch die Validierung von Blöcken konnen die Besitzer von diesem Guthaben Staking-Entlohnungen. Kommen sie ihren Pflichten als Validatoren nicht nach, vermindert sich allerdings das Guthaben. Es handelt sich bei diesem Guthaben nicht um einen transferierbaren Token. Wir sollten daher “ETH2” eher als hypothetisches Konzept (Guthaben auf der Beacon Chain) und nicht als tatsächlichen Token verstehen. Der Plan für die Übernahme von Ethereum sieht die Implementierung eines zweiten Tokens schlichtweg nicht vor. Das Guthaben kann, zumindest in der Anfangsphase von Ethereum 2.0 nicht auf Andere übertragen werden. Bei dem Smart Contract, welcher ETH2 erzeugt handelt es sich um eine “One-way Bridge”. Das heißt, dass ETH1 problemlos in ETH2 umgetauscht, aber nicht mehr zurück getauscht werden können. Daher liegt nahe, dass ETH2 während der Phase 0 einen geringeren Wert hat, als ETH1. Dies führte zu einer Debatte auf Twitter, auf die auch Vitalik Buterin reagieren musste:I think everyone looking to stake already knows that they are taking a bet that the transition will successfully complete. We fully expect fewer stakers at the beginning, and they will get a return commensurate with this higher risk.
— vitalik.eth (@VitalikButerin) June 2, 2020
Chancen und Risiken von ETH2-Staking
Staker, welche sich an der Validierung von Blöcken auf der Beacon Chain beteiligen wollen, sollten gewarnt sein, dass sie damit eine längerfristige Verpflichtung eingehen. Zu aller erst geben sie 32 ETH für diesen Zeitraum aus der Hand, welche sie nicht anderweitig einsetzen können. Zumindest können sie bis zum Rollout von Phase 1.5 nicht auf ihr Geld zugreifen. Zusätzlich haben Staker die Verpflichtung, einen Validator zu betreiben und Blöcke zu validieren, oder sie verlieren ihr Geld nach und nach. Neben den Investitionskosten von 32 ETH fallen dabei auch noch Kosten für die Anschaffung der Hardware, sowie Energiekosten, beziehungsweise Monatsbeiträge für Cloud-Dienstleistungen an. Wie viel Validatoren an Belohnungen erhalten können hängt von vielen Faktoren ab, insbesondere von der Anzahl der Validatoren, die sich an Ethereum 2.0 beteiligen. Laut einer Modellrechnung von Codefi Networks können Validatoren bei einem Kapitaleinsatz von $7892 einen Nettoertrag von $930 pro Jahr erwarten.“When Binance?”
Wie bereits erwähnt, sieht Ethereum 2.0 nicht die Schaffung eines neuen Tokens vor. Wir werden allerdings voraussichtlich sehen, dass sich auch verstärkt Staking-Dienstleister an diesem Prozess beteiligen. Diese übernehmen für ihre Kunden alle technischen Verpflichtungen für das Staking von Kryptowährungen, behalten allerdings im Gegenzug einen Teil der Belohnung. ETH2, also Guthaben auf der Beacon Chain, ist zwar fürs erste nicht übertragbar. Die Validatoren, welche über das Guthaben verfügen, sind es allerdings. Das wird möglicherweise dazu führen, dass Staking-Provider Validatoren, welche sich aus dem Staking zurückziehen wollen, aufkaufen und ETH2 entweder als eigenständig implementierten Token, oder als Guthaben an ihre Kunden weitergeben. Dadurch könnten sich Handelsplattformen im Endeffekt trotzdem dafür entscheiden, ETH2 zu listen. ETH2 würde damit zwingend zu einem niedrigeren oder dem selben Preis als ETH1 gehandelt werden, da Besitzer von ETH1 andernfalls einen Profit durch den Umtausch in ETH2 erhalten könnten.Heilige Zweifaltigkeit
Die christliche Theologie kennt das Konzept der Dreieinigkeit. Dabei tritt Gott in drei Gestalten auf (Vater, Sohn und heiliger Geist) und ist dabei trotzdem immer das gleiche. Wie es aussieht, versucht sich die Ethereum Foundation an einem ähnlich undurchschaubaren Konzept. ETH1 läuft fürs erste als Proof of Work Token weiter und kann weiterhin für Transaktionen auf Ethereum 1.0 verwendet werden. ETH2 wird für das Staking auf Ethereum 2.0 verwendet und hat vorläufig keine weiteren Anwendungsfälle. Obwohl ETH1 und ETH2 damit funktionell unterschiedliche Kryptowährungen darstellen, sollen sie ökonomisch gesehen ein und derselbe Token sein. Damit bleibt die Frage, wie denn diese beiden Kryptowährungen letztendlich wieder zusammengeführt werden sollen. Eine Möglichkeit besteht darin, Auszahlungen von Guthaben auf der Beacon Chain auf andere Shards zu ermöglichen. Dadurch gleichen sich die Handelspreise von ETH1 und ETH2 wieder an. Die andere Möglichkeit liegt darin, die Blockchain von Ethereum 1.0 als Shard zu übernehmen, Proof of Work endgültig abzuschalten und alle ETH1 automatisch in ETH2 zu konvertieren.Ethereum 2.0 als passives Einkommen?
Die Ethereum Foundation arbeitet an einem schwierigen Unterfangen. Bei dem Übergang zu Ethereum 2.0 will sie einen Chain Split und die Schaffung eines zweiten Tokens in jedem Fall vermeiden. Damit aus Ether ein Proof of Stake Token werden kann, ist es jedoch nötig, vorher eine Staking-Infrastruktur aufzubauen. Dabei müssen sie notgedrungen zulassen, dass sich mit ETH2 eine eigenständige Kryptowährung herausbildet, obwohl diese technisch gesehen kein eigenständiger Token ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden einige Handelsplattformen und Staking-Anbieter ETH2 in der einen oder anderen Form zum Verkauf anbieten. Der Kurs von ETH2 wird dabei unter dem Kurs von ETH1 liegen. Ob es sich lohnt, dieses Risiko im Ausgleich zu den Staking-Belohnungen einzugehen, ist eine Frage, welche Staker für sich selbst entscheiden müssen. In jedem Fall ist ETH2 ausschließlich für Staker interessant, welche von den Staking-Belohnungen profitieren wollen. Abgesehen davon hat ETH2 keine anderen Anwendungsfälle. Das wird sich auch, zumindest in den nächsten Monaten, nicht ändern. Einen Spekulationswert, der über den von ETH1 hinausgeht, hat ETH2 nicht. Auch für die Besitzer von ETH1 ändert sich dadurch nichts. Deren Tokens werden nahtlos in das Netzwerk von Ethereum 2.0 überführt.
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Tobias W. Kaiser
Tobias verfügt über einen Bachelorabschluss in angewandter Informatik, sowie einen Masterabschluss in Kognitionswissenschaft mit Fokus auf kognitiver Psychologie und künstlicher Intelligenz. Während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gent nahm er an einem Forschungsprojekt in Verbindung mit einem großen französischen Telekommunikationsanbieter teil. Hierbei erforschte er die Anwendung von Spieltheorie auf den gemeinschaftlichen Ausbau von...
Tobias verfügt über einen Bachelorabschluss in angewandter Informatik, sowie einen Masterabschluss in Kognitionswissenschaft mit Fokus auf kognitiver Psychologie und künstlicher Intelligenz. Während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gent nahm er an einem Forschungsprojekt in Verbindung mit einem großen französischen Telekommunikationsanbieter teil. Hierbei erforschte er die Anwendung von Spieltheorie auf den gemeinschaftlichen Ausbau von...
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