Ein Kommentar von Walter Leonhardt. Walter hat Politik und Wirtschaft studiert und beschäftigt sich seit weit mehr als einem Jahrzehnt intensiv mit den Themen Betrug und Schwindel in Politik und Wirtschaft. Er ist OpenSource-Analyst und lebt in Ostasien. Hier geht es zum Interview mit Walter. Und seine neuste Publikation „Understanding Fraud: financial exploitation, emotional abuse“ findest du hier.
Vor einigen Monaten ist Tesla in Bitcoin eingestiegen, hat die Kryptowährung kurz hochgejubelt, einen Teil seiner Bitcoins mit 840 Millionen Dollars Gewinn verkauft und zuletzt erklärt, dass man der Währung so lange den Rücken kehre, bis deren Übergang zu erneuerbaren Energien erfolgt. Bis dahin suche Tesla nach anderen Kryptos, die energiesparender sind und sich demnach ebenfalls auf einen Tesla-pump(-and-dump)-Effekt wie Bitcoin und Dogecoin zuletzt einstellen dürfen.
Was Musk sagt, ist Quatsch, man könnte es auch eine Ausrede nennen. Woher wissen wir das? Weil wir unsere Bitcoins kennen.
Bitcoin ist eine dezentralisierte Währung, deren größter Energieverbrauch beim Mining entsteht. Miner sind Unbekannte, die individuell in keiner Klimabilanz auftauchen. Man weiß nur, wo sie sitzen. Hauptsächlich in Russland, Mongolei, Kanada, China. Also an Orten, wo Energie im Vergleich zu anderen Ländern sehr günstig ist.
Doch welche Energie verwenden die dortigen Miner? Es handelt sich hauptsächlich um Abstrom, also Energie, die ansonsten im Nirgendwo verpufft, weil sie weder ins Stromnetz eingespeist noch ausreichend gespeichert werden kann. Dieser Strom ist ein Nebenprodukt, das wie Schlacke bei der Ölraffinierung entsteht. In Russland, beispielsweise, handelt es sich um Gas, das bei der Erdölförderung ansonsten nutzlos abgebrannt wird. Die Harvard Business Review hat erst vor wenigen Tagen dazu einen Artikel veröffentlicht, der genau das klarstellt und damit die Tesla’schen Thesen zurück nach Ad Absurdum führt. Die HBR schrieb dazu: „Bitcoin can use energy that other industries can’t.“
Bitcoin can use energy that other industries can’t
An solchen abgelegenen Orten lassen sich die dezentralisierten Bitcoin-Miner nieder. Und das machen sie nicht aus Umweltschutzgründen, sondern weil „Abfallstromnutzung“ extrem günstig ist.
Was wollen uns daher Tesla und Musk von „grünem Gewissen“ erzählen? Wieviel umweltschonender als Recyclingausnutzung kann Energienutzung noch sein?
„So am I understanding this correctly“, fragt der Tesla-kritische Promi-Blogger Dave Portnoy in seinem Tweet im Fortune-Magazine zu Musks vorletzten Bitcoin-Streich. „He pumps it. It goes up. Then he dumps it and makes a fortune?” Dieselbe Frage kann auch ich nur stellen, wenn ich an Teslas knappen Milliardengewinn mit Bitcoins im letzten Quartal denke.
Andererseits frage ich mich aber auch, was man von einem Unternehmen erwarten kann, dessen größte Fähigkeit nicht der Autobau, sondern die Kunst der Subventionsausschöpfung ist? Wäre Tesla überhaupt profitabel, wenn Landesregierungen weltweit ihnen nicht reihenweise goldene Banknoten in die Hand drücken würden? Wie kann ein Unternehmen ansonsten an Orten Profite machen, die für alle anderen Autohersteller wirtschaftlich unrentabel sind? Sind alle anderen Autobauer zu blöd oder kann nur Tesla als Einziger richtig rechnen?
Was ist sonst noch von einem Autogiganten zu erwarten, dessen Aktienkurs dem sechsfachen Wert von Mercedes-Benz entspricht, während er gleichzeitig sechsmal weniger Autos als der Stuttgarter Autozwerg herstellt?
Solange keiner was sagt, vermutlich gar nichts. Sobald aber einer den Mund aufmacht, werden sich meines Erachtens Tesla und Musk eher früher als später zu den Enrons und Madoffs in der Wirtschaftsgeschichte hinzugesellen.
Meines Erachtens, kann Tesla gar nichts, außer seine Marktmacht missbrauchen, um mithilfe von Subventionen egal von wo Autos mehr oder weniger bezahlbar zu produzieren. Denn auch die 840 Bitcoin-Millionen sind so betrachtet nichts anderes als eine Subvention. Subventioniert von Musks Fanclub, die jeden seiner Tweets als Goldfährte benutzen.
Dass Tesla und Musk das alles ganz offen und sichtlich machen, ist, wie ich finde, der Grund dafür, warum das Ganze auch funktioniert: Dreistigkeit siegt. Nachhaltigkeit, zumindest, sieht meines Erachtens anders aus.
Vielleicht fehlt mir aber auch nur die große Vision.
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