BeinCrypto im Interview Kevin Werbach über das neue des DeFi Policy-Maker Toolkit. Werbach ist Professor für Rechtswissenschaften und Wirtschaftsethik an der Wharton School.
Das letzte Jahr war für DeFi ziemlich aufregend. Nach einer absoluten Hochphase – dem DeFi Summer of 2020 – waren dezentrale Apps (dApps) plötzlich sehr gefragt. Es führte unter anderem dazu, dass der Wert von DeFi enorm anstieg. Laut DeFi Pulse liegt der Gesamtwert (TVL) von DeFi aktuell bei rund 48 Milliarden Dollar. Der immense Wachstumsschub ist den Regierungen und Behörden dieser Welt natürlich nicht entgangen.
Aufgrund der dezentralen Struktur des DeFi-Sektors, ist es jedoch nicht so einfach, internationale Vorschriften und Richtlinien zu festzulegen. Letztere Gründe waren deshalb ausschlaggebend dafür, warum das World Economic Forum Anfang Juni 2021 ein DeFi Policy-Maker Toolkit entwickelte. Das Toolkit soll Politikern dabei helfen, die Welt von DeFi kennen und verstehen zu lernen. Das Toolkit wurde von der Wharton School und dem WEF entwickelt und bietet nicht nur einen Einblick in DeFi, sondern fundiertes Fachwissen, um Hintergründe besser zu verstehen.
Wie Professor Werbach erklärt, dauerte die Entwicklung des DeFi Policy-Maker Toolkit rund ein Jahr.
„DeFi wurde von einem internationalen Team entwickelt, bestehend aus Regierungsexperten, Wissenschaftlern, Investoren und Finanzanalysten. Anschließend folgten umfangreiche Entwicklungsprozesse mit zahlreichen Analysen, Workshops und Feedbackrunden von externen Gutachtern.“
Mehr als nur ein Hilfe-Toolkit
Das Toolkit soll nicht nur ein Hilfsmittel sein, sondern Politiker bei ihren Entscheidungen aktiv unterstützen. Der Policy Maker stellt dafür alle nötigen Tools bereit, damit Politiker letztendlich die besten Entscheidungen für DeFi treffen können.
„Das DeFi Toolkit ist noch ganz neu auf dem Markt, bietet aber schon jetzt umfassende Unterstützung. Wer sich als Politiker mit der Finanzwelt nicht auskennt, hat es schwer. Das Tookit hilft ihnen dabei und klärt offene Fragen zu Finanzdienstleistungen oder rechtlichen Belangen.”
Doch auch seitens Politik stößt das Toolkit auf wachsendes Interesse:
„Die Politiker von heute wollen verstehen, wie DeFi funktioniert und was DeFi von der traditionellen Finanzwelt unterscheidet. Auch interessieren sie sich für die Chancen und Gefahren dieses neuen Sektors.“
Das DeFi Toolkit beinhaltet beispielsweise Fragen, die Politiker beantworten können, um ihr eigenes Wissen zu testen. Auch gibt es ein background assessment tool, um Hintergründe besser bewerten zu können. Das Toolkit hilft Politikern ebenfalls dabei, Risiken zu erkennen, sowie den aktuellen Wissensstand über DeFi kontinuierlich zu erweitern.
Wichtig ist: Das Toolkit ist keine Empfehlung für bestimmte politische Maßnahmen. Es soll Politikern und Aufsichtsbehörden lediglich helfen zu verstehen, was DeFi ist, welche Risiken DeFi birgt und wie DeFi auf mögliche neue Gesetze reagieren könnte.
„Unser Ziel war es, Politikern die Werkzeuge in die Hand zu geben, damit sie zukünftig für DeFi die bestmöglichen Entscheidungen treffen können.“
Ein Balanceakt
Für Werbach war das ganze Projekt ein Balanceakt, der mit großen Herausforderungen verbunden war.
„DeFi wächst rasant und entwickelt sich permanent weiter. Allein vom Projektstart bis zur Veröffentlichung gab es große Veränderungen auf dem Markt.“
Die weitere Herausforderung des Projekts bestand darin den richtigen Ton zu treffen.
„Unser Ziel war es ein Toolkit zu entwickeln, dass in einer verständlichen Sprache geschrieben ist, sodass DeFi-Aktivitäten sowohl für Erfahrene als auch für Anfänger gut nachvollziehbar sind. Denn für viele Politiker ist DeFi, digitale Assets und Co Neuland. Das Toolkit ist für Politiker eine spannende Sache, weil es die Vorteile von DeFi hervorhebt, aber gleichzeitig dessen Risiken nicht verschleiert.“
Apropos Risiken: Das Toolkit beinhaltet fünf DeFi-Risikokategorien. Diese untergliedern sich in finanzielle, technische, operative, rechtliche und andere Risiken. Die Risikokategorien beinhalten auch Wissen darüber, welche Probleme im jeweiligen Bereich schon auftraten und wie diese gelöst wurden. Dazu gehören beispielsweise Hacks, die Flash-Loan-Krise, DeFi-Runs sowie viele weitere. Die Risiken sollen Politiker jedoch nicht von DeFi abschrecken, nein. Vielmehr sollen sie ihnen dabei helfen, ein reales Bild für DeFi zu entwickeln.
„Wir hoffen, dass die Politiker unseren Rat beherzigen und DeFi systematisch angehen, indem sie global geltende Gesetze für DeFi verabschieden. Ebenfalls hoffen wir, dass dieser Artikel das DeFi-Phänomen etwas entschlüsselt, sodass Politiker in Zukunft gut in dem neuen Sektor zurechtkommen.“
Warme Willkommensgrüße für das Toolkit
„Das Toolkit beinhaltet zudem Aufgaben und einen großen Wissensschatz, der Politiker bei Analysen und Entscheidungen aktiv unterstützt. Das Toolkit ist so aufgebaut, sodass es Politikern Step by Step dabei hilft, Wissen zu erweitern, um so – heute und in Zukunft – geeignete politische Maßnahmen treffen zu können. Im Gegensatz dazu hilft das Toolkit DeFi-Experten und -Entwicklern dabei, politische Prozesse besser nachvollziehen zu können.“
Das Thema Regulierung spaltet derzeit die Kryptowelt. Während die einen in der Regulierung eine Hilfsmaßnahme sehen, bedeutet sie für die anderen ein Hindernis – je nach Organisation. Bei der Entwicklung des Toolkits war davon jedoch nichts zu spüren. Im Gegenteil: Werbach beschreibt die Zusammenarbeit als sehr gelungen.
„Während des Projekts sind wir auf viele einflussreiche Mitglieder der DeFi-Community gestoßen, die ein hohes Interesse daran hatten mit uns zusammenzuarbeiten. Natürlich ist es so, dass einige DeFi-Entwickler größeres Interesse daran haben mit Behörden zusammenzuarbeiten als andere. Doch gerade was große Projekte wie das Toolkit angeht, sind rechtliche Grundlagen unabdingbar. Denn nur so kann aus DeFi ein legitimer, vertrauenswürdiger Sektor im Finanzdienstleistungsbereich werden.“
Perspektive: international – Umsetzung: lokal
Die Organisationen, in denen Politiker heutzutage tätig sind, sind sehr vielfältig. Deshalb bietet das Toolkit eine Makro-Betrachtung für diejenigen, die auf einer Mikro-Ebene arbeiten. Die Makroebene beinhaltet große Systeme wie z.B. das politische System Deutschlands.
Das DeFi Policy-Maker Toolkit ist ein Kit, das für alle entwickelt wurde. Dabei verschafft das Toolkit nicht nur einen Einblick in DeFi, sondern fungiert als globales Werkzeug, das in vielen verschiedenen Bereichen der DeFi-Welt angewendet werden kann.
Länder wie El Salvador – die Kryptowährungen, insbesondere den Bitcoin, begrüßen – werden auch das Toolkit gerne als politischen Ratgeber nutzen. Länder wie die USA hingegen, wo die Entwicklung von SEC bei ETF-Anträgen eher schleppend verlief, werden das Toolkit zwar ebenfalls nutzen, jedoch mit angezogener Handbremse.
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