Regulierungsbehörden und Zentralbanken haben in den letzten Wochen ein besonderes Augenmerk auf Stablecoins gelegt. Die Marktkapitalisierung der aufstrebende Anlageklasse hat sich allein in diesem Jahr vervierfacht und beträgt jetzt inzwischen mehr als 100 Milliarden US-Dollar. Für uns ist das ein willkommener Anlass, uns näher mit den Innovationen in diesem Bereich auseinanderzusetzen.
Das Segment der Stablecoins hat sich im vergangenen Jahr deutlich weiterentwickelt. Dezentrale Stablecoins zum Beispiel sind durch eine automatische Stabilisierung ihres Wertes transparenter und auch stabiler als herkömmliche Stablecoins. Je größer dezentralisierte Stablecoins werden, desto mehr Stabilität und Transparenz können sie innerhalb des traditionellen Finanzsystems bieten.
Was genau ist ein Stablecoin und wie funktioniert er?
Vereinfacht gesagt ist ein Stablecoin ein auf der Blockchain basierender Vermögenswert. Dieser Vermögenswert ist an einen bestimmten Preis, meist einen US-Dollar, gebunden.
- Durch diese Preisbindung sind Inhaber von Stablecoins von den Schwankungen des Krypto-Marktes unabhängig.
- Stablecoins bieten eine sichere und stabile Lösung zur Geldanlage.
- In Stablecoins investiertes Vermögen bleibt im Kryptospace und kann so z.B. leichter im wachsenden DeFi-Bereich investiert werden.
Es gibt die Stablecoins in verschiedenen Formen: vollständig abgesicherte, über den Wert des Coins abgesicherte, algorithmische und fraktional-algorithmische Stablecoins.
Was sind vollständig abgesicherte Stablecoins?
Der ursprüngliche und häufigste Typ ist der vollständig abgesicherte Stablecoin. Um ihre Legitimität als Zahlungsmittel zu gewährleisten, müssen Stablecoins durch Fiatwährungen, andere Kryptowährung oder On-Chain-Token abgesichert sein.
Beispiele für vollständig abgesicherte Stablecoins sind Tether oder USDT. Je mehr USDT-Token Tether ausgibt, desto mehr Sicherheiten muss das Unternehmen vorhalten. Liegt der Tokenpreis über dem USD-Kurswert, steigt das Angebot. Sinkt der Tokenpreis unter den USD-Referenzwert, verringert sich das Angebot. Jeder herausgegebene USDT muss mit einer entsprechenden Sicherheit hinterlegt sein. Allerdings gibt es in der Krypto-Community einige Zweifel daran, dass das tatsächlich auch so ist. Tether behauptet, dass der Coin durch “Bargeld, Bargeldäquivalente und andere kurzfristige Einlagen und Handelspapiere” abgesichert ist. Tatsächlich beträgt der Anteil der “Barmittel” jedoch nur 2,9%. Nichtsdestotrotz konnte Tether seine Position als meistgenutzter Stablecoin behaupten. USDC hingeben ist mit dem tatsächlichen Gegenwert in US-Dollar abgesichert. Allerdings ist USDC zentralisiert. Nutzer müssen also darauf vertrauen, dass der Herausgeber von USDC die entsprechenden Dollars auch tatsächlich vorhält.
Zu den beliebtesten voll abgesicherten Stablecoins gehören zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels Tether (USDT) und USD Coin (USDC).
Stablecoins, die höher als der Wert des Coins abgesichert sind
Einige Stablecoins haben eine größere Reserve als tatsächlich ans Coins ausgegeben wird, was einen Puffer gegen Preisschwankungen bietet – DAI ist ein Beispiel für solch einen Stablecoin.
- DAI nutzt eine gesicherte Schuldposition über MakerDAO, um Vermögenswerte als Sicherheiten auf der Blockchain zu generieren.
- Die Nutzer hinterlegen Ether oder andere Kryptowährungen als Sicherheiten und erhalten für den Wert ihrer Einlagen neu generierte DAIs.
- Um 100 DAI zu leihen, muss ETH im Wert von 150 USD hinterlegt werden.
- Wenn der Wert der Sicherheiten unter das Verhältnis fällt, kann der Kredit automatisch durch Smart Contracts liquidiert werden. Steigt der Wert, können weitere DAI ausgeliehen werden. Der Vermögenswert von DAI ist wie auch der Wert von USDT und USDC an den US-Dollar gekoppelt.
Was sind algorithmische Stablecoins?
Mit zunehmendem Interesse an vollständig abgesicherten Stablecoins wurde ein Problem überdeutlich: Wie funktioniert die Absicherung der Stablecoins mit wachsender Nachfrage?
Hunderte von Milliarden Dollar anzuhäufen und sicher zu verwahren ist nicht nur schwierig, sondern auch eine ineffiziente Nutzung von Kapital. Die Sicherheiten bleiben ungenutzt, anstatt an anderer Stelle produktiv eingesetzt zu werden. Um die Jahreswende tauchten mit algorithmischen Stablecoins eine weitere Form von an FIAT-Währungen gekoppelte Coins auf. Nennenswerte Projekte hierfür sind z.B. Basis Cash und Empty Set Dollar.
Das besondere an algorithmischen Stablecoins ist, dass sie komplexe Algorithmen in ihren Smart Contracts nutzen, um das im Umlauf befindliche Angebot des Stablecoins zu erweitern oder zu verringern. So kann der Algorithmus mehr Coins ausgeben, wenn der Preis steigt und sie auf dem freien Markt kaufen, wenn der Preis fällt. Durch diese algorithmische Beeinflussung des Angebots zur Anpassung des Preises ist die Hinterlegung von Sicherheiten nicht mehr nötig.
Wie funktioniert die Preisfindung bei Stablecoins?
Ein zentrales Problem bei algorithmischen Stablecoins ist Aufrechterhaltung der Kursbindung. Stablecoins halten ihre Kursbindung durch Verringerung oder Erhöhung des Gesamtangebots. Dadurch verändert sich der Preis des Tokens bis dieser den gewünschten Kurs erreicht.
- Bei abgesicherten Stablecoins wie Tether und USDC wird das Angebot manuell erhöht oder verringert. Dies geschieht je nach Bedarf durch eine größere Ausgabe oder das Verbrennen von Coins.
- Algorithmische Stablecoins hingegen nutzen Smart Contracts oder Algorithmic Markets Operations Controllers (AMOs), um das Angebot automatisch zu steuern. Rein algorithmische Stablecoins sind allerdings schwer zu starten, wachsen nur langsam und unterliegen extremen Volatilitätsperioden, was der eigentlichen Aufgabe eines Stablecoins entgegensteht. Ohne Sicherheiten gegen die die Stablecoins theoretisch eingelöst werden können, gibt es wenig bis gar keinen finanziellen Anreiz für Anleger, Coins zu kaufen oder zu verkaufen um die Kursbindung aufrechtzuerhalten.
Trotz seiner Schwächen ist ein algorithmischer Stablecoin jedoch ein gutes Beispiel dafür, wie echte Dezentralisierung aussehen kann. Es gibt keine Regulierungsbehörden, die das Verfahren beeinflussen oder überwachen können, da der Algorithmus sowohl für das Angebot als auch für die Nachfrage und den angestrebten Preis verantwortlich ist.
Ein weiterer wichtiger Vorteil der algorithmischen Stabilität ist die enorme Verbesserung der Kapitaleffizienz. Wenn ein Stablecoin nicht mit 100 % (oder 150 % wie im Falle von DAI) seines Angebots mit echten Dollars abgesichert werden muss, kann das sonst als Sicherheit ungenutzte Kapital auf effiziente Weise wie in Yield Farmen oder für die Vergabe von Krediten verwendet werden.
Fractional Stablecoins – die Zukunft der Stablecoins?
Das Konzept der algorithmischen Stablecoins inspirierte viele Entwickler. Wie könnte man einen massentauglichen Stablecoin entwickeln, ohne dass eine vollständige Absicherung notwendig ist?
Bei algorithmischen Stablecoins war das große Problem die Aufrechterhaltung der Kursbindung. Um eine weltweite Adaption des Stablecoins zu erreichen, muss dieser skalierbar sein. Skalierbarkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Kursbindung auch bei einem Wachstum der Coins aufrechterhalten wird. Weiterhin muss die Bereitstellung von Sicherheiten effizient gestaltet werden.
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