Am 21. September 2021 hat Deutschland neu gewählt. Schon vor der Wahl war das Ende der 16-jährigen Ära Merkel eingeläutet, eine Ära, die Höhen und Tiefen deutscher Finanzpolitik zusammenfasste. Seit 2005 ist Deutschland unter Führung von Angela Merkel durch Tiefpunkte und Höhepunkte gegangen, auch die Finanzkrise 2008 hinterließ ihre Spuren nicht so drastisch wie in anderen Ländern.
Am 7. Dezember 2021 wurde nun der neue deutsche Koalitionsvertrag unterschrieben, die Regierung wird in Ampel-Konstellation gebildet. Die SPD, die Grünen und die FDP koalieren gemeinsam, eine Premiere in der deutschen Geschichte. BeInCrypto wirft in diesem Artikel einen genaueren Blick in die Parteiprogramme und den Koalitionsvertrag und analysiert damit, ob Deutschland ein Richtungswechsel in Sachen Kryptowährungen und Blockchain bevorsteht.
Die Parteiprogramme der Koalitionspartner
Sucht man in den Parteiprogrammen nach den Themen Blockchain, Kryptowährungen und dem digitalen Euro, so kristallisiert sich bei den drei Partien jeweils eine gewisse Tendenz heraus. Die SPD, stärkste Kraft im Bundestag mit 206 gewonnenen Sitzen, lässt das Thema Kryptowährungen im Parteiprogramm fast gänzlich aus. Eine kurze Passage über Stablecoins lässt erahnen, dass die Partei Krypto-Bemühungen eher skeptisch gegenüber steht. Allerdings zeigt es auch, dass die SPD dem Thema Kryptowährungen und Blockchain im Moment einfach noch keinen großen Stellenwert zuzuschreiben scheint.
Die Grünen, zweitstärkste Kraft im Bündnis mit 118 gewonnenen Sitzen, sehen durchaus die wachsende Bedeutung von Kryptowährungen und dem Blockchain-Bereich. Das spiegelt sich auch in ihrem Parteiprogramm wider: Hier wird der Ruf nach staatlicher Kontrolle laut. Laut den Grünen sollten ebenso wie im traditionellen Finanzwesen auch für disruptive Technologien gewisse Regeln gelten. Daher sei auf den Verbraucherschutz, die Transparenz und die Stabilität der Assets ein besonderes Augenmerk zu richten. So unterstützen die Grünen in ihrem Parteiprogramm auch die Bestrebungen der Europäischen Zentralbank in Richtung eines digitalen Euros.
Ein “riesiger Energieverbrauch, der Missbrauch durch Kriminelle und spekulative Übertreibungen” sind Aspekte der Blockchain und von Kryptowährungen, die beobachtet werden müsen, so die Grünen.
Die FDP, mit 92 gewonnen Sitzen der dritte Koalitionspartner der Ampel-Koalition, stellt sich Kryptowährungen gegenüber offen auf. Laut der FDP sind durch einen innovativen Rechtsrahmen die sichere und effiziente Nutzung der Blockchain möglich. Auch ist die FDP gegen eine Überregulierung von staatlicher Seite, zu große Eingriffe würden der disruptiven Natur von Kryptowährungen kontraproduktiv entgegenwirken. Wird der Bereich jedoch nicht überreguliert, könne die Blockchain-Technologie der Gesellschaft und Wirtschaft einen großen Nutzen bringen.
Der Koalitionsvertrag
Im Koalitionsvertrag stellt die Ampelkoalition klar, dass es eine neue Dynamik gegenüber disruptiven Finanzinnovationen geben muss. Die neue Regierung pocht dabei auf eine einheitliche, europäischen Aufsicht, um ein Level-Playing-Field für Kryptoassets und neuartige Geschäftsmodelle zu bieten. “Das europäische Finanzmarktaufsichtsrecht machen wir fit für die Digitalisierung und für komplexe Konzernstrukturen, um eine ganzheitliche und risikoadäquate Aufsicht über neue Geschäftsmodelle sicherzustellen.”, so heißt es im Koalitionsvertrag. BeInCrypto trägt hier die wichtigsten Punkte aus dem Koalitionsvertrag zum Thema Blockchain und Kryptowährungen zusammen.
Die neue Regierung erwähnt die Blockchain unter anderem im Koalitionsvertrag im Zusammenhang mit dem Dividendenarbitragegeschäft. Auf Seite 167 heißt es, dass “neue technische Möglichkeiten, z.B. Blockchain” noch stärker genutzt werden sollen, um einer Umgehung der Kapitalertragssteuer auf Dividenden entgegenzuwirken. Ebenfalls auf Seite 167 fällt das Wort nochmals auf die Blockchain. Die neue Regierung wolle in Bezug auf Wohneigentum die “illegale Finanzierung von Immobilien durch geeignete Maßnahmen bekämpfen”. In diesem Zuge überlegt die Ampel-Koalition zu prüfen, ob ein Grundbucheintrag auf der Blockchain Vorteile mit sich bringen könnte. Die Koalition schlägt auf Seite 171 unter der Rubrik “Geldwäsche” vor, dass sich die unabhängige EU-Geldwäschebehörde nicht nur um den traditionellen, sondern auch innovativen Finanzsektor kümmern sollte. So soll der Missbrauch von Kryptoassets für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindert werden.
CBDCs im Koalitionsvertrag
Die neue Regierung möchte sich aktiv und konstruktiv an der Einführung eines digitalen Euros als Ergänzung zum Bargeld beteiligen. Der Wortlaut ist hier tatsächlich: “Ergänzung zum Bargeld”, es lässt sich also eine gewisse Tendenz erahnen. Nach den Wortlauten CBDC oder Zentralbankgeld sucht man im Koalitionsvertrag vergeblich. Auch unter dem Aspekt der “Digitalen Finanzdienstleistungen und Währungen” definiert die neue Regierung den Begriff Blockchain. Hieraus geht auf Seite 173 hervor, dass neue Technologien, wie z.B. die Blockchain Technologie, mit den verbundenen Chancen genutzt werden sollen. Abermals liegt hier jedoch das Augenmerk auf verbundenen Risiken und der Schaffung gewisser Rahmenbedingungen. Heißt konkret, Blockchain als Innovation ist nutzbar, man sollte Risiken und Regularien allerdings im Auge behalten.
Es wird keine Überregulierung von Kryptowährungen erwartet
Aus dem Koalitionsvertrag geht hervor, dass die Ampel-Koalition die EU-Aufsichtsbehörden stärken und regulierte Rahmenbedingungen für den Kryptobereich schaffen möchte. Wichtig ist der neuen Regierung hier, dass sowohl ein nahrhaftes Umfeld für innovative Technologien gebildet wird, als auch dass der Verbraucherschutz nicht zu kurz kommt. Somit soll der potentielle Missbrauch von Kryptowährungen, beispielsweise für die Terrorismusfinanzierung oder andere kriminelle Aktivitäten, verhindert werden. Wenig geht aus dem Koalitionsvertrag hervor, ob eine Wende Richtung Kryptowährungen politisch gewollt ist. Das Dokument bleibt in seinen Ausführungen relativ neutral: Mehr Regulierung, jedoch keine Überregulierung, so scheint es. Vor allem aber geht aus dem Koalitionsvertrag hervor, dass die Regierung Hand in Hand mit der Europäischen Union und ihren Institutionen auf eine gemeinsame Regelung von Kryptowährungen und der Blockchain zusteuern möchte. Das könnte, gemessen an der Vergangenheit, einige Zeit in Anspruch nehmen,denn in Brüssel mahlen die Mühlen bekanntlich eher langsam.
Ein Aufbruch Richtung Kryptowährungen und Blockchain?
Wenngleich im Koalitionsvertrag keine klaren politischen Äußerungen zu oder gegen Blockchain gefunden werden können, deuten die Hinweise trotzdem in die Richtung großer Chancen für den innovativen Finanzsektor. Bisher kannten wir unter der Führung der CDU eine eher lustlose Einstellung gegenüber dem Thema Blockchain, Digitalisierung und Kryptowährungen. Das kann und wird sich laut dem Koalitionsvertrag nun ändern. Jetzt lässt sich nur noch abwarten, inwiefern die Koalitionäre wirklich eine praxisnahe Regulierung begleiten werden und wie die EU-Institutionen Kryptowährungen weiterhin beurteilen. Alles in allem, sieht es nach einem interessanten, neuen Kapitel aus!
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