Das Jahr 2022 zeigt, wie sich Kryptowährungen wie Ethereum von Bitcoin und Dezentralität entfernt haben und warum wir weiterhin an der ursprünglichen Idee hinter BTC festhalten sollten.
Wir schreiben das Jahr 2008. Die Welt befindet sich inmitten einer der größten Finanzkrisen der Geschichte. Nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers verloren zahlreiche Menschen ein Vermögen. Doch die großen Banken, die die Krise mitverursachten, wurden von der Regierung gerettet.
Nur rund 2 Monate nach der Lehman Brothers Pleite kam Bitcoin auf den Markt. Der Gründer Satoshi Nakamoto entwickelte die Kryptowährung nicht ohne Grund: Er wollte den Menschen bankenloses Geld ohne Mittelmann anbieten, um ein neues Lehman-Szenario zu verhindern – indem er den Menschen selbst zu Banken macht.
Allerdings zeigen die bisherigen und diesjährigen Entwicklungen, warum sich Krypto immer mehr von dem eigentlichen Kerngedanken der Dezentralisierung entfernt – und warum die Idee hinter der größten Kryptowährung immer noch hochaktuell ist.
Was ist der Kerngedanke hinter Bitcoin?
Bitcoin ist ein dezentrales Peer-to-Peer Zahlungsnetzwerk. Sogenannte Nodes unterstützen die Transaktionen der Blockchain, während Miner die Transaktionen durch das Lösen von Aufgaben, die der Verschlüsselung dienen, validieren. Als Belohnung erhalten sie dafür die Kryptowährung BTC. Dieser Konsensmechanismus nennt sich Proof-of-Work.
Da keine dritte Partei für die Transaktionen notwendig ist und die Nutzer die Schlüssel zu ihren digitalen Geldbörsen (“Wallets”) selbst besitzen, sind diese quasi ihre eigene Bank.
Wenn Banken und andere zentralisierte Entitäten (wie Börsen oder Investmentfirmen) die Eigentümer/Besitzer der Einlagen sind und über diese verfügen können, ist ein Missbrauch der Gelder wie in 2008 nicht mehr möglich. Bitcoin verhindert aufgrund seiner dezentralen Struktur genau das.
Die Macht im Netzwerk ist dank der Dezentralisierung verteilt und die Nutzer bleiben die Besitzer ihres virtuellen Geldes.
Da zahlreiche Nodes und Miner auf der ganzen Welt verteilt sind, gibt es durch diese auch keine zentralen Steuerungsmöglichkeiten für die Netzwerktransaktionen. Durch die Dezentralität wird nämlich verhindert, dass eine Mehrheit der Nodes Transaktionen blockiert oder diese abschaltet.
Mit derzeit rund 14.000 auf der ganzen Welt verteilten Nodes ist das Netzwerk dem dezentralen Ziel von Satoshi Nakamoto schon einen großen Schritt näher gekommen.
Auch bei der Dezentralisierung der Miner machte das Netzwerk recht gute Fortschritte. Denn in der Praxis gilt es als nahezu unmöglich, dass eine einzelne Entität so viel Mining-Energie akkumuliert, um Veränderungen an der Blockchain vorzunehmen. Theoretisch könnten sich in Zukunft zwar immer noch einige große Miner zusammenschließen oder das Mining monopolisieren – was auch der einzige Kritikpunkt an der Blockchain ist.
Doch wie dezentral ist die Kryptowährung im Vergleich zum restlichen Krypto-Markt?
Ethereum wird zentralisierter
Leider entwickelt sich Ethereum, welches als Heimat vieler Krypto-Ökosysteme gilt, immer mehr in Richtung Zentralisierung. So verwenden beispielsweise rund die Hälfte der Nodes die Amazon Web Services als Server. Amazon hat also theoretisch die Macht, den Großteil des Netzwerks auszuschalten bzw. im schlimmsten Fall sogar zu zensieren. Bei Solana sind es sogar rund 90 %, wie ein Messari Bericht zeigt.
Dies ist möglich, weil ETH sich seit diesem Jahr vom Proof-of-Work-Konsensmechanismus verabschiedet. Nach dem sogenannten Merge nutzt die Blockchain nun den Proof-of-Stake-Mechanismus. In diesem System sorgen Validatoren der Kryptowährung ETH für die Netzwekrsicherheit, indem sie Token sperren bzw. staken. Dafür erhalten sie im Gegenzug Prämien.
Da bei diesem Konsensmechanismus kein Mining notwendig ist, sinken zwar die Stromkosten des Netzwerks deutlich (um 99,9 %), dafür öffnet der neue Mechanismus aber Tür und Tor für mehr Zentralität.
Das Problem: Hält eine Entität oder eine Gruppe einen Großteil der ETH-Token, kann sie Transaktionen zensieren. Das brachte sogar den CEO der Bitcoin Börse PaxFull dazu, ETH von der Börse zu streichen.
Laut Daten von Nansen halten tatsächlich nur einige wenige Markteilnehmer den Großteil aller gestakten ETH. Da sich jedoch noch rund 88 % des Angebots nicht im Staking befinden, kann sich dieses Verhältnis noch ändern – zu Gunsten oder zu Ungunsten der Dezentralität.
Doch nicht nur die diesjährige Entwicklung von Ethereum, sondern auch die Entwicklung auf dem Krypto-Markt zeigt, wie sich die Branche immer weiter von der Idee der “reinen ” Dezentralisierung entfernt hat.
2022: Zentralisierte Krypto-Börsen gehen Pleite
Leider scheint sich das Lehmann-Jahr 2008 auf dem Krypto-Markt “wiederholt” zu haben. Nachdem der Bärenmarkt startete und sich durch die makroökonomischen Umstände verschärft hatte, kamen die Missstände von zentralisierten Krypto-Plattformen auf.
So gab die Verleihplattform Celsius im Juli dieses Jahres die Insolvenz bekannt, nachdem sie zuvor die Abhebungen von Kundengeldern gestoppt hatte. Im selben Monat fand die Insolvenz von Three Arrows Capital statt, gefolgt von Gerüchten über eine Pleite von Voyager Digital. Diese wurde dann im September von der inzwischen ebenfalls insolventen Krypto-Börse FTX “übernommen”.
All diese gecrashten Unternehmen haben eines gemeinsam: wie die Banken im Jahr 2008 verzockten sie die Kundengelder. Es waren jedoch nicht Bitcoin oder Kryptowährungen, die die Missstände verursachten, sondern die Zentralisierung der Gelder und das Vertrauen in die Köpfe hinter den Unternehmen.
Bitcoin wurde designt, damit kein Vertrauen in zentralisierte Anbieter mehr notwendig ist. Doch damit sich wirklich dezentrale Strukturen etablieren, müssen wir alle mehr darauf achten, . Nur so können wir eine unabhängige Finanz-Struktur schaffen, die uns eine Alternative zu zentralisierten Systemen bietet.
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