Bitcoin Mining steht im Ruf (zu) viel Strom zu verbrauchen!
Umweltschützer kritisieren den hohen Stromverbrauch beim Mining – also dem Validieren der Transaktionen auf der BTC-Blockchain im Vergleich zum herkömmlichen Geldsystem. Allerdings sind die Informationen darüber und die Interpretation der Daten bisher uneinheitlich. Werfen wir also gemeinsam einen Blick auf den aktuellen Erkenntnisstand und welche Möglichkeiten es gibt, denn Stromverbrauch beim BTC-Mining zu senken.
Wie hoch ist Bitcoins Stromrechnung?
Hoch! Aber ganz so einfach ist es nicht. Die Studienlage hierzu ist wie gesagt unübersichtlich. Die Meinung, wie der Stromverbrauch zu bewerten ist, ebenfalls. Eine Studie der niederländischen Zentralbank DNB kommt zum Ergebnis, dass der Verbrauch dem ganzen Länder wie Dänemark oder der Niederlande entspricht. Laut Statista beträgt dieser sogar rund 12 Prozent der gesamten Stromproduktion von beispielsweise Russland.
Fest steht, der Proof of Work Konsensmechanismus von Bitcoin verbraucht weltweit eine Menge Energie. Der genaue Wert schwankt je nach Intensität der Nutzung des Netzwerkes und der Zahl der konkurrierenden Miner. Laut einer wissenschaftlichen Untersuchung aus dem Jahr 2022 von Michel Khazzaka verbrauchte BTC rund 80 Terawattstunden im letzten Jahr. Das sind 80.000.000.000 Kilowattstunden! Alex de Vries von der Universität Rotterdam geht mit aktuell 78 TWh von einer ähnlichen Zahl aus. Zum Vergleich: Ein normaler Ein-Personen-Haushalt benötigt im Jahr ca. 1500 Kilowattstunden.
Bitcoin Stromverbrauch – Wo ist das Problem?
Warum ist ein hoher Stromverbrauch eigentlich problematisch? Das bei der Produktion erzeugte CO₂ ist klimaschädlich und verursacht den Treibhauseffekt mit weitreichenden ökologischen und sozialen Folgen. Das ist mittlerweile mehr als wissenschaftlicher Konsens. Elon Musk distanzierte sich von BTC als Zahlungsmittel für Tesla, solange dessen Stromverbrauch so hoch sei – so die offizielle Verlautbarung. Aber auch andere Akteure wie zum Beispiel Mozilla – die Foundation hinter Firefox – akzeptiert aktuell nur noch Spenden von PoS Chains, wegen des hohen Strombedarfs.
Der CO2-Ausstoß hängt vom Strommix ab. Strom aus regenerativen Quellen erzeugt nur bei der Herstellung und Entsorgung der dazu notwendigen technischen Anlagen CO₂ und Müll – ist also umweltfreundlicher als Strom aus fossiler Energieträgern.
Kurze Randnotiz, auch Bitcoin erzeugt Müll und zwar laut Digiconomist ordentlich: Nämlich rund 430.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr. Stimmt die Zahl, würde das ebenfalls der jährlichen Menge eines kleinen Landes wie der Niederlande entsprechen. Allerdings fielen z.B. im Jahr 2020 weltweit rund 54 Millionen Tonnen an Elektroschrott an. Haben wir ein Müllproblem? Auf jeden Fall. Aber das ist ein generelles Problem unserer Wirtschaft und nicht nur eines von BTC.
Der Anteil von regenerativ erzeugten Strom variierte in den letzten Jahren laut Digiconomist bei BTC zwischen circa 25 und 55 Prozent – in Abhängigkeit zum Zugang von regenerativen Energiequellen und den Preisen der jeweiligen Energieträger. Im Vergleich: Der weltweite Durchschnitt bei der Nutzung von regenerativen Energien lag im Jahr 2021 bei rund 25 Prozent. BTC ist also teilweise deutlich nachhaltiger beim Strommix.
Bitcoin Mining – Stromverbrauch auch hier dezentral?
Häufig wird BTC dort geminet, wo der Strom besonders preiswert ist. Miner sind – abgesehen von nationalen Gesetzen – geografisch flexibel. Oder es wird überschüssiger Strom bzw. Energie genutzt. Regenerative Energie sind im Vergleich zu fossilen Energieträgern volatilerer, es kommt leichter zu Überproduktion durch Fluktuationen von z.B. Wind- und Sonne. Sprich Ressourcen, die sonst verschwendet werden würden, können sinnvoll genutzt werden.
Laut einer Einschätzung von PWC hat BTC damit sogar das Potenzial, die globale Energiewende hin zu regenerativen Energie zu beschleunigen – als flexibler Abnehmer von ökologisch erzeugtem Strom, insbesondere von den bereits erwähnten Stromspitzen aus Windkraft und Solarenergie.
Bitcoin Mining: 60-mal energieeffizienter als Fiat?
Das behauptet zu mindestens Michael Khazzaka in einer ausführlichen Studie. Laut seiner Berechnung ist BTC jetzt schon mindestens 28-mal umweltfreundlicher als das Fiat Geldsystem, welches auf einer umfangreichen weltweiten physikalischen und technischen Infrastruktur beruht. Dazu gehören nach Khazzaks Berechnung das Herstellen und in Umlaufbringen von Bargeld, der Betrieb von rund 5 Millionen Geldautomaten, rund 25.000 Banken mit ca. 1,7 Millionen Bankfilialen, das IT-System zur Kartenzahlung und die generelle IT-Infrastruktur der Banken.
Insgesamt kommt Khazzaka dabei auf einen Stromverbrauch von 2250 TWh im Jahr oder 28-mal mehr als BTC aktuell. Außerdem hat der Betrieb von BTC noch erhebliches Optimierungspotential. So könne durch z.B. den Einsatz von moderner Mininghardware ein 60-mal geringeren Energiebedarf als das Fiat-System erreicht werden. Mit Integration des Bitcoin Lightning Network als Skalierungslösung, mit bis zu einer Million Transaktionen pro Sekunden, ließe sich der Bedarf an Energie noch einmal drastisch verringern.
Kritiker werfen ihm allerdings methodische Mängel bei seiner Studie vor. Die Studie berücksichtigt beispielsweise nicht die weltweite Verbreitung der bestehenden Fiat-Zahlungsinfrastruktur. Würde BTC diese Rolle mit momentan rund 3.200 Milliarden Transaktionen im Jahr übernehmen, wäre der Energieverbrauch um ein Vielfaches höher, so ein Kritikpunkt. Zudem arbeitet Khazzaka für IT-Payment Dienstleister ValueChain und sei als Blockchain-Consultant bei diesem Thema nicht unabhängig genug.
Allerdings räumt auch die Kritik ein, dass das Lightning-Netzwerk erhebliches Potenzial bietet, um Energie zu sparen.
Bitcoin und Fiat = Äpfel und Birnen?
Auch wird BTC in den Untersuchungen als reines Zahlungsmedium betrachtet. Die Möglichkeit als deflationärer und krisensicherer Wertspeicher – analog zu Gold – wird in den angeführten Quellen weitestgehend außen vor gelassen. Die Förderung von Gold ist hochgradig problematisch – ökologisch und sozial.
Große Mengen von giftigsten Chemikalien wie Arsen, Quecksilber und Cyanid gelangen bei der Goldgewinnung in die Umwelt. Die Umwelt wird direkt oder indirekt durch die Chemikalien stark geschädigt – Fische im Amazonas sind z.B. extrem mit Quecksilber belastet. Menschenrechte werden ebenfalls massiv verletzt. Die Ausbeute von Gold liegt dabei bei nur rund 2 Gramm je Tonne Gestein.
Gerade dadurch, dass BTC so aufwendig beim Mining ist, eignet es sich allerdings überhaupt erst als knappes Gut, zur Speicherung von Werten über Zeit und Raum. Genau wie Gold. Hier ist BTC im Vergleich zu den Schäden die mit dem physikalischen Mining von Gold einhergehen, eventuell das wesentlich geringe Übel. Die benötigte Energie könnte komplett nachhaltig erzeugt und die IT-Technik kontrollierter hergestellt und recycelt werden.
BTC Mining – Möglichkeiten den Stromverbrauch zu senken
Es gibt viele Ansätze, den Stromverbrauch von BTC zu senken. Zahllose Projekte arbeiten bereits an Lösungen. Ein Vorteil von BTC gegenüber dem über die Jahrzehnte entstandenen Fiat-Geldsystem ist, dass der Code nicht in Stein gemeißelt ist. Optimierungen und Updates sind grundsätzlich viel leichter möglich. Das ist in der Vergangenheit schon mehrfach erfolgt. Auch in der Zukunft wird dies in anderen Bereich wichtig sein, wie z.B. bei Quantencomputern.
Wechsel zu Proof of Stake
Eine Möglichkeit ist auf die Umstellung auf Proof of Stake als Konsensmechanismus. Ethereum hatte durch den Merge letzten Jahres, den Energieverbrauch dramatisch um circa 99,95 Prozent senken können – bei Akzeptanz des Krypto-Spaces sowie unter Erhalt der gespeicherten Werte und der vollen Funktionsfähigkeit.
Mehr regenerative Energien
Der vermehrte Einsatz von regenerativen Energie ist eine weitere Möglichkeit. Dies könnte wie bereits angeführt, den im Angesicht des Klimawandels dringend benötigten Ausbau von regenerativen Energien befeuern. Erst recht, wenn man die Dynamik des Krypto-Marktes betrachtet. So könnten z.B. grüne Kraftwerke durch BTC-Mining schneller realisiert werden und ans Netz gehen.
Pre-Mining von Token
Man könnte theoretisch – wie z.B. bei XRP – bereits geminte Token ausgeben. Auch dieser Vorgang kann auch über einen dezentralen Konsens-Mechanismus gesteuert werden. Allerdings könnte es sehr schwierig werden, einen Großteil der Miner von einer solchen Änderung zu überzeugen. Insbesondere, wenn man die Werte bedenkt, die dabei eventuell auf dem Spiel stehen.
CO₂-Kompensations Gebühren / Kredite
Wie bereits in der traditionellen Wirtschaft erprobt, könnten Gebühren oder handelbare CO₂-Kredite Anreize für Akteure geben, ihren CO₂-Fußabdruck zu verringern. Akteure, die dies nicht tun, würden dann mitunter zunehmend unwirtschaftlich werden und ins Hintertreffen geraten.
Whitelisting grün geminter BTCs
PWC schlägt vor, nicht ökologisch geminte BTCs oder Blöcke zu blacklisten – ähnlich wie aktuell bei Walletadressen die mit kriminellen Tätigkeiten assoziiert werden. So könnte ebenfalls ein starker Anreiz zur Umstellung auf ökologisch nachhaltigeres Mining geschaffen werden.
Bitcoin Mining – volle Energie voraus?
Der Artikel hat dir einen Überblick über die grundlegende Problematik des vielleicht wichtigsten Themas in Hinblick auf die Massenadaption von BTC gegeben: Dem Strom- bzw. Ressourcenverbrauch. Derzeit scheint es so, als wenn noch unabhängigere und bessere Untersuchungen fehlen, um wirklich belastbare Aussagen im Vergleich zum bestehenden Zahlungssystem zu treffen.
Fest steht, im globalen Ringen um eine dringend benötigte nachhaltigere Lebensweise ist jeder Beitrag dazu wichtig und willkommen. Dahingehende Lösungsansätze gibt es wie aufgezeigt eine Menge. Es gibt bereits energiesparende Skalierungslösungen für BTC, wie z.B. das Lightning Netzwerk. Zahlreiche Projekte im Krypto-Space widmen sich außerdem dem Thema Energieverbrauch und Projekte wie Ethereum haben schon erfolgreich Lösungen umgesetzt.
Außerdem musst du bedenken, dass es sich bei Krypto bzw. BTC um eine vergleichsweise junge Technologie handelt. Vergleicht man zum Beispiel die Weiterentwicklung von Computern im Laufe der Zeit und die dabei erreichten Effizienzsteigerungen, ist hier noch einiges an technologischen Fortschritt zu erwarten. Das lässt positiv in die Zukunft schauen und hoffen das BTC nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch eine Alternative zum bestehenden Geldsystem werden kann.
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