Uniswap (UNI) möchte auch auf der BNB Chain verfügbar sein. Dazu ließ die dezentrale autonome Organisation (DAO) über die Auswahl einer geeigneten Brücke (zu der von Binance initiierten Blockchain) abstimmen.
Bisher basiert Uniswap lediglich auf Ethereum und den veknüpften Skalierungslösungen Polygon, Optimism, Arbitrum und Celo. Die BNB Chain bietet nach Ethereum das zweitgrößte DeFi-Ökosystem und gilt daher als attraktiv. Kürzlich eröffnete Uniswap eine Abstimmung innerhalb der Community zur Wahl einer geeigneten Brücke für Blockchain übergriefende Governance-Abstimmungen. Und hier kam es zum Eklat.
Uniswap hat ein Problem mit der Dezentralität
Der Grund für den Eklat ist altbekannt – denn in der Uniswap DAO korreliert das Gewicht der Stimmen mit der Anzahl der UNI-Token. Somit dominieren UNI-Großinvestoren mit ihrem Kapital die “dezentralen” Strukturen. Ein solcher Großinvestor ist der Wagniskapitalgeber Andreesen Horowitz (a16z), der mit der Brückenlösung Layer Zero sein eigenes Pferd ins Rennen um die Integration in das Uniswap Protokoll schickte.
Denn Uniswap eröffnete im Zuge der Ausweitung seiner Dienste auf die BNB Chain einen sogenannten “Temperature Check“. Hier konnten die DAO-Mitglieder darüber abstimmen, auf welche Brückenlösung die dezentrale Kryptobörse in Zukunft zurückgreifen wird. Zum Ärgernis des milliardenschweren Venture Capitalist a16z gewann Wormwhole die Wahl mit einer deutlichen Mehrheit. Doch auch die Wormhole-Brücke steht in enger Verbindung mit einem kapitalgewaltigen UNI-Investor, nämlich Jump Crypto.
Übrigens: Als Market Maker stellt Jump Crypto außerdem Liquidität für Kryptomärkte bereit, um reibungslose Abläufe sicherzustellen. Wenn Uniswap nun Brücken einsetzt, um über unterschiedliche Blockchain Protokolle hinweg Handel zu ermöglichen, könnte das Unternehmen Mittel für Liquiditätspools bereitstellen und Teile der UNI-Gebühren einstreichen. Somit könnte Jump Crypto gleich doppelt profitieren.
Rund um das Debakel um die Auswahl der “passenden” Brücke begann die Fehde um die Wahl der BNB-Brückenlösung für das wichtigste Protokoll im DeFi-Space – Uniswap. Mit a16z und Jump Crypto buhlten zwei mächtige Großkaräter der Uniswap DAO um die Integration ihrer favorisierten Brückenlösung. Und so versuchte a16z, die Wahl zugunsten Layer Zero mit 15 Millionen Votes umzuwerfen. Als dies nicht gelang, stellte der a16z-Partner Porter Smith die gesamte Wahl infrage. Und zwar, weil die Abstimmung einer solch grundlegenden Entscheidung zu schnell durchgeführt worden sei. Darüber hinaus verwies er auf den 326 Millionen Wormhole Exploit im letzten Jahr und weitere Unsicherheiten als Gründe gegen Einbindung dieser anfälligen Bridge.
Infolge der Kritik stimmte die DAO noch einmal darüber ab, ob die BNB Brücke nun geschlagen werden sollte. Mit 20 Millionen Ja-Stimmen (80,28 Prozent) und 4,9 Millionen Nein-Stimmen (19,72 Prozent) endete am 10. Februar die Abstimmungsperiode. Die 15 Millionen Stimmen gegen die BNB-Einbindung von a16z gaben folglich wenig Ausschlag.
Aber die Wahl hätte anders verlaufen können, wenn a16z seine Stimmrechte voll ausgeschöpft hätte. In der Tat stellen die 15 Millionen UNIs nämlich nur einen Bruchteil der gesamten Anteile dar. So hat a16z mehr als 40 Millionen Token an Dritte “delegiert” – und viele von ihnen haben anders abgestimmt als a16z. Theoretisch könnte a16z bei zukünftigen Abstimmungen diese UNI-Token beanspruchen und für sich selbst stimmen. Die Frage ist daher, ob dieses Ergebnis in Uniswap DAO die echte “Dezentralisierung” zeigt, oder vielmehr, dass a16z sich entschieden hat, seine Macht zu “kontrollieren”.
Auffällig ist jedenfalls, dass die Konkurrenten von Wormhole und Layer Zero kaum Beachtung in der Wahl fanden. Denn es gab auch alternative Lösungen, die trotz immensem Funding gar nicht erst in Betracht gezogen wurden. So fand sich beispielsweise der 200 Millionen schwere Bridge Anbieter Axelor nicht in der Wahlliste wieder. Und das, obwohl dessen Lösung im Vergleich zu den beiden Spitzenkandidaten Wormhole und Layer Zero als dezentralisierter und zuverlässiger gilt. Laut Philipp Zentner ein Zeichen für vorschnelles Handeln und unzureichende Marktforschung, die dem Ausmaß dieser Entscheidung nicht angemessen ist.
Warum Uniswaps Entscheidung den gesamten Sektor prägt
Laut LI.FI-CEO Philipp Zentner ist Uniswap das mit Abstand wichtigste Protokoll in der Decentralized Finance (DeFi) Szene. Es sei dafür bekannt, dass alles stabil läuft. Dieser Strahlkraft auf den gesamten Sektor folgt eine große Veratwortung, die die dezentrale Kryptobörse trage.
“Uniswap prägt Standards, die andere Protokolle übernehmen”, bringt es Zentner auf den Punkt.
Und auch der Experte klagt die Vormachtstellung UNI-Großinvestoren im Voting-Prozess an. Denn damit gerate der Grundgedanke der Dezentralität erneut ins Hintertreffen. Wieder regiert das Kapital – und da sei es ganz natürlich, dass sich andere Brückenanbieter in den Schatten gestellt fühlen.
Aber auch an die Entscheidung, Brückenlösungen überhaupt zu diesem Zeitpunkt zu integrieren, kritisiert der LIFI-CEO. Zwar kann er das Drängen der Kapitalgeber nachvollziehen, die Uniswap als Flaggschiff stets an der Spitzer der Neuentwicklungen sehen möchten. Doch in den Augen des Informatikers kann vorschnelles Handeln in diesem Falle auch nach hinten losgehen:
“Generell sind die Brückensysteme noch nicht weit genug entwickelt und zu anfällig für eine adäquate Integration. Insgesamt wude zu wenig Zeit für Research und Due Dilligence aufgewendet, um eine solch wichtige Entscheidung zu treffen.”
Insbesondere aufgrund der Stellung als Leitfigur für den Sektor prägt die Entscheidung von Uniswap laut Zentner die Zukunft von DeFi. Denn auch andere Protokolle würden wahrscheinlich auf die Standardlösung setzen. Auf diese Weise würden Protokolle eine Technologie in den Kinderschuhen an die Nutzer herangetragen, was großes Risikopotenzial in sich birgt. Das sei typisch für den Sektor: Es muss schnell gehen und deshalb öffnen sich Lücken für Hacker und Betrüger.
“Dieser ‘fail fast’-Ansatz beschleunigt zwar den Prozess der Weiterentwicklung, allerdings auf Kosten der Endnutzer, die den Technologien fälschlicherweise vertrauen”, resümiert Phillip Zentner.
Diese Einschätzung bestätigen die zahlreichen Angriffe sowohl auf den dezentralen als auch auf zentralisierte Kryptobörsen. Doch unabhängig von der grundsätzlichen Fehlentscheidung, zu diesem Zeitpunkt auf Brücken zu setzen – wie sieht die bestmögliche Umsetzung einer Datenübertragung über unterschiedliche Blockchain Systeme derzeit aus?
Der Multi-Bridge-Ansatz als beste Lösung
Aus Sicht des Experten ist eine Multi-Bridge-Lösung der sinnvollste Ansatz. Denn im Falle eines Ausfalls oder Hacks muss eine alternative Lösung für die Nutzer geschaffen werden. Ansonsten stehen alle brückenübergreifenden Transfers in Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter – ein dringend zu unterbindendes Szenario. Darüber hinaus würde ein Multi-Bridge-Ansatz die Expansion über weitere Blockchains hinweg vereinfachen.
Weil jedes Brückensystem Vor- und Nachteile hat, kann es weder den Sicherheitsstandards noch dem Service-Angebot der Kryptobörsen genügen, ein einzelnes Modell anzubieten. In diesem Zusammenhang kommt vor allem das Interoperabilitäts-Dilemma der Bridges zum Tragen: Demzufolge, so erklärt Zentner, gibt es drei Faktoren, von denen die Brückenanbieter zwei fokussieren müssen. Denn alle drei Faktoren in die Lösung zusammenzufassen, sei technisch äußerst kompliziert.
Ganz oben steht in diesem Sinnbild die Minimierung des Vertrauens – Nutzer sollen möglichst wenig Instanzen und technischen Faktoren trauen müssen. Der zweite Faktor ist die Expansionsfähigkeit – wie einfach es für das System ist, zu anderen Netzwerken zu expandieren. Zum Beispiel von Ethereum zu Solana, die nicht kompatibel sind und unterschiedliche Smart Contract Programmiersprachen verwenden. Und dann kommt noch der Faktor “Generalisierbarkeit” zum Tragen – was also mit der Brücke alles möglich ist. Können ganze Datensätze übertragen werden, können Coins und Tokens Blockchain übergreifend einfach verrechnet werden oder werden Transaktionen lediglich vom anderen Netzwerk überprüft?
Eine Zero-Knowledge (zk) Lösung bietet beispielsweise sowohl Vertrauensminimierung als auch Expansionsfähigkeit, aber kaum Generalisierbarkeit, weil zk-Technologien nur überprüfen. Je nach Use Case sollten Krypto-Serviceanbieter optimale Lösungen anbieten – also unterschiedliche Typen von Brücken. Und diese sollten intensiv auf Wirksamkeit und Sicherheit hin getestet worden sein, bevor sie für Endnutzer zugänglich gemacht werden. Ansonsten werden eben diese zu Opfern unausgereifter Technologien.
Die Evaluierung von Brückensystemen ist aber nicht in wenigen Tagen oder Wochen zu gewährleisten. Dazu sind tiefgreifendes Wissen und intensive Einarbeitung notwendig. Als CEO des führenden Bridge-Aggregators LI.FI weiß Philipp Zentner, wovon er spricht. Mit ihrer Lösung will LI.FI langfristig dafür sorgen, dass sich Nutzer überhaupt keine Gedanken mehr machen müssen, auf welcher Blockchain sie eigentlich gerade unterwegs sind. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte sich das Team intensiv mit unterschiedlichen Anbietern von Brücken auseinander.
“Bei LI.FI haben wir gemeinsam mit Consensys vier MitarbeiterInnen über einen Zeitraum von sechs Monaten damit beschäftigt, eine Brücke vollständig zu evaluieren. Uniswap will das in einem Monat machen – das ist surreal. Alleine die Vektoren für Attacken zu verstehen und zu durchleuchten – das ist ein langer Prozess”, führt Zentner vor Augen.
Wieso Brücken so wichtig für den DeFi-Sektor sind
Bis 2021 war Ethereum so etwas wie der Monopolist im DeFi-Umfeld. Mit dem Hype der Layer-2-Netzwerke wie Avalanche oder Polygon fragmentierte sich die Liquidität im Sektor. Entsprechend entwickelten sich in diesem Zeitraum auch die Lösungen, die Brücken zwischen den einzelnen Blockchain Systemen entwickelten. Denn die Werte mussten zu unterschiedlichen Zwecken von einem Anbieter zum anderen “gebridget” werden, um die Ethereum Blockchain beispielsweise durch externe Transaktionsprüfungen zu entlasten.
Auch wenn Anbieter wie Plasma das Skalierungsproblem von Ethereum schon vor dieser Zeit aufgegriffen haben, nahm das Thema “Interoperabilität” 2021 rasant an Geschwindigkeit auf. Die Kryptobörsen verspüren seitdem Druck, ihren Nutzern Dienstleistungen über die Grenzen der Blockchain Systeme hinweg anzubieten. Obwohl die Lösungen nicht ausreichend getestet werden konnten, sollten Milliardenbeträge über diese Brücken hinweg bewegt werden. Die Ergebnisse aus der Vergangenheit sind bekannt – riesige Exploits und Hacks minderten das Vertrauen zahlreicher Kryptofans.
Brücken sind also ein wichtiger Faktor für die Zukunft des gesamten Krypto-Spaces. Nun möchte Uniswap trotz der Kinderkrankheiten bei Thema Governance auf eine einzelne Brücke vertrauen, statt wenigstens auf eine Mulit-Bridge-Lösung zurückzugreifen. Auch wenn ein Anbieter dank des Zuspruchs von Uniswap und Investorengeldern eine Security-Firma ausschließlich für das Monitoring der Brücke rekrutieren würde, ist es dafür aus Sicht des Experten Phillip Zentner zu früh.
“Allerdings steht in internen Kreisen bereits zur Diskussion, im Nachgang in Ruhe eine Multi-Bridge-Lösung zu entwickeln”, so Zentner weiter.
Ob sich das am Ende durchsetzen wird, bleibe allerdings abzuwarten. Insgesamt bleibt uns, zu hoffen, dass Uniswap die Integration der Brückenlösung gelingt und das System langfristig läuft. Währenddessen dürften Investorengelder die Weiterentwicklung der Bridge-Ansätze vorantreiben.
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